Meinung Özils Erklärung und sein Rücktritt: Nur konsequent
Bei allem Respekt vor Özils Verständnis von familiärer Tradition — er hat nicht dazugelernt. Er hat immer noch nicht begriffen, worum es in der gesamten Diskussion ebenso geht, nämlich um das Einstehen für Freiheit und Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt wird - Ein Kommentar von Hagen Strauß
In den vergangenen Wochen konnte man meinen, Mesut Özil sei an vielem ganz alleine schuld: am schlechten Abschneiden der Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland oder auch an der Wiederwahl Erdogans zum türkischen Präsidenten — und das alles nur wegen dieses vermaledeiten Fotos mit ihm.
Özil wurde zum Sündenbock. Jede Menge Ressentiments und Hass schlugen ihm im Netz entgegen. So etwas verdient keiner. Und der Umgang der DFB-Funktionäre mit der Angelegenheit im Vorfeld der Weltmeisterschaft und das üble Nachkarten im Anschluss stachelte nur jene an, die den Mannschaftskollegen Jérôme Boateng und damit auch Özil nicht als Nachbarn wollen. Da ist der Rücktritt des Spielers aus dem Nationalteam nur konsequent. Das ist das eine.
Hinzu kommt aber noch mehr: Er würde es wieder tun und sich mit Erdogan fotografieren lassen, hat Özil erklärt. Zwei Herzen habe er in der Brust, ein deutsches und ein türkisches. Er sei zu Respekt erzogen worden und dazu, seine familiäre Herkunft nicht zu vergessen. Deswegen das Foto. Das ist einerseits gradlinig. Andererseits bleibt ein Fehler mitunter nun mal ein Fehler. Bei allem Respekt vor Özils Verständnis von familiärer Tradition — der Fußballer hat nicht dazugelernt. Er hat offensichtlich immer noch nicht begriffen, worum es in der gesamten Diskussion ebenso geht, nämlich auch um Respekt für Millionen von Fußballfans und um das Einstehen für Freiheit und Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt wird.
Deswegen gilt für Özil wie für alle Nationalspieler: Wer sich dafür entscheidet, in der deutschen Nationalmannschaft zu spielen und eben nicht für das Land seiner Vorfahren, der muss sich auch entsprechend verhalten. Und das konnte und kann nur bedeuten: Kein Foto mit Erdogan. Und wenn doch, dann kann man eben nicht mehr für Deutschland auflaufen — so wie Özil.