Meinung Warum die SPD den Ärger über Thilo Sarrazin besser runterschlucken sollte

Ach, wäre es schön, Religionsexperten würden über Religionen reden und Integrationsexperten über Integration. Migrationsexperten über Fluchtursachen und Innenexperten über Sicherheit. Stattdessen redet — und schreibt — Thilo Sarrazin für alle über alles.

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Ein pensionierter Banker mit sehr viel Zeit und noch mehr Geltungsdrang. Ein Wutbürger, von denen es gegenwärtig so viele gibt. Diese Sorte steht mit Sarrazin-Thesen auf Pappschildern in Dresden oder Chemnitz auf der Straße und erregt sich bei Stammtischdebatten: Deutschland schafft sich ab. Kopftuchmädchen. Messermörder. Umvolkung. Und jetzt: Feindliche Übernahme.

Thilo Sarrazin stellt bei einer Pressekonferenz sein neues Buch vor.

Foto: Kay Nietfeld

Sarrazin hat dem Rassismus Argumente gegeben. Mit steilen Thesen und gewagten Privatanalysen des Islam, mit wissenschaftlich daher kommenden Statistikauswertungen. Sarrazin ist kein unabhängiger Experte, sondern ein Einpeitscher.

Alles was er sagt und schreibt läuft auf einen Kreisschluss hinaus: Die Muslime sind nicht integrierbar. Also versuchen wir es erst gar nicht. Natürlich gibt es Grund genug zu scharfer Kritik am Islam, an seinen Lehren und mehr noch an seiner Praxis. Sarrazin aber gibt nicht nur dem Islam keine Chance, sondern auch allen Muslimen nicht, ob Modernisierer oder Fundamentalisten. Schon gar nicht den Zugewanderten.

Sie sind für ihn eine unterschiedslose Masse, die sich rasant vermehrt. Bis zur feindlichen Übernahme. Also bleibt nur die Abwehr. Warum das von vielen so begierig gelesen wird? Weil es das Gewissen entlastet, indem es aus Fremdenangst und Rassismus einen Akt der Selbstverteidigung macht. Etwas Rationales.

Für eine humanistische Partei wie die SPD ist es ein Grund zur Scham, dass so einer aus ihrem Schoß gekrochen ist. Aber es sind schon zwei Ausschlussverfahren gescheitert, weil das Meinungsspektrum in einer Partei breit sein darf. Man hätte bei der Aufnahme besser aufpassen sollen.

Ein drittes Verfahren würde dem Buchautor die große Bühne geben — und scheiterte es erneut, den großen Triumph. Es ist besser, wenn die SPD diesen Ärger herunterschluckt. Der Mann hat seine Bedeutung nicht als Sozialdemokrat. Anders als etwa Gerhard Schröder, dessen Aktivitäten für Russland das Ansehen der Partei viel stärker berühren.

Den Namen SPD kann ein Thilo Sarrazin nicht wirklich beschädigen. Nur seinen eigenen. Mit jedem Buch mehr. Das freilich ist ihm noch gleichgültiger, als die Menschen, über die er hetzt. Denn Kasse und Ego stimmen.