Altweiber in Düsseldorf Unterwegs mit den Ordnungsamt – jede Kontrolle ein Treffer

Düsseldorf · Dieser Tag gleicht keinem anderen in Düsseldorf: Altweiber. Mit 300 Leuten ist das Ordnungsamt in der Altstadt unterwegs, fischt Glasflaschen, Jugendliche und Wildpinkler heraus – und schafft das mit einer erstaunlichen Fröhlichkeit.

 Alkohol, Tabak und E-Zigaretten – Minderjährigen nehmen die Einsatzkräfte vom Ordnungsamt die verbotenen Substanzen ab.

Alkohol, Tabak und E-Zigaretten – Minderjährigen nehmen die Einsatzkräfte vom Ordnungsamt die verbotenen Substanzen ab.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Dieser Rundgang beginnt nicht um 11.11 Uhr, wenn die Möhnen das Rathaus stürmen und die Macht über die Stadt übernehmen. Natürlich sind sie dann schon längst unterwegs, die Streifen vom Ordnungsamt, die an Altweiber durch die Altstadt ziehen. 300 Kräfte sind im Einsatz: Sie fischen Glasflaschen, Wildpinkler, trinkende und rauchende Jugendliche aus dem Treiben. Richtig los geht das aber erst, wenn der Unterricht vorbei ist und die Schülerinnen und Schüler zum Feiern in die Stadt kommen. Und der feuchtfröhliche Einsatz beginnt.

13.00 Uhr Die Rolltreppe an der Heinrich-Heine-Allee spuckt ununterbrochen Einhörner, Astronauten und Superhelden auf die Straße. Sie haben große Plastikflaschen dabei, die wohl kaum den Eistee enthalten, den das Etikett ankündigt. Einige leeren noch ihre Getränke, andere schütten ganze Weinflaschen in zwei Becher um. Die Glasverbotssperren muss jeder passieren, der Karneval in der Altstadt feiern möchte. 2011 hat die Stadt das Glasverbot eingeführt und daran festgehalten. Früher seien sie regelrecht durch Glasscherben gewatet, sagt Marcus Tiepel, stellvertretender Leiter des Außendienstes. Nun kontrollieren Sicherheitsleute an allen Eingängen zur Altstadt. Und Schnittverletzungen sind beinahe zur Seltenheit geworden – nur zwei sollen es bis zu diesem Nachmittag werden.

13.10 Uhr Zwischen den Kneipen auf der Bolkerstraße, aus denen Klassiker wie „20 Zentimeter“ dröhnen, tippt ein Mädchen die Einsatzkräfte an. Mit Uniform, gelber Weste und dem Schriftzug „Ordnungsamt“ sind sie nicht zu übersehen. Das Mädchen hält ihr Handy in der Hand – der Akku ist leer und sie hat ihre Freundin verloren, bei der sie übernachten wollte. In der bunten Masse aus Kostümierten scheint es nahezu unmöglich, sich wiederzufinden. Die 17-Jährige mit Zahnspange, Katzenohren und nassen Haaren wirkt verloren, bis Wolfgang Lukoschat, Leiter des Außendienstes, sie zur gemeinsamen Anlaufstelle von Polizei und Ordnungsdienst begleitet. Dort kann sie ihr Handy laden.

13.17 Uhr Am Burgplatz treffen sich die ganz Jungen, die Schülerinnen und Schüler, die aus ihren großen Plastikflaschen trinken und sich über den Unterricht und die Führerscheinprüfung unterhalten. Doch es sind viel weniger als sonst – der Regen hat offenbar einige abgehalten. So wenig wie heute habe er in der Altstadt an Altweiber noch nie erlebt, sagt Tiepel, der seit 33 Jahren immer an diesem Donnerstag arbeitet. Dennoch ist jede Kontrolle ein Treffer. Sie kontrollieren alle, die besonders jung aussehen, die schnell noch die Zigarette ausdrücken, und ziemlich viele von denen, die einen Patronengürtel aus Klopfern tragen.

13.28 Uhr „Wie komme ich nach Kappes-Hamm?“, fragt ein nicht-verkleideter Mann mit Schiebermütze die Streife am Rheinufer. „Zu Fuß? Mindestens 20 Minuten“, sagt Lukoschat. Oder bis zur Rheinkniebrücke und dann ein paar Stationen mit der Bahn. Er kann ihm sogar die Linien nennen.

13.30 Uhr In der Anlaufstelle zieht das Mädchen mit den Katzenohren ihr Handy wieder vom Strom – der Akku ist geladen, sie hat ihre Freundin erreicht und will sich nun mit ihr am Burgplatz treffen. Eine Streetworkerin begleitet ein anderes Mädchen im Ferrari-Rennanzug aus einem Raum. Sie war ausgerastet, weil die Ordnungskräfte ihr die E-Zigarette abnehmen wollten. Durch das Fenster sieht man das Erste-Hilfe-Zelt. Ein betrunkener Junge wird, von beiden Seiten gestützt, von Sanitätern in den Rathausinnenhof gebracht.

13.38 Uhr Das Mädchen mit der Zahnspange und den Katzenohren ist wieder da. Das Handy ist wieder ausgegangen, die Freundin immer noch verschwunden. „Ich finde sie nicht“, sagt sie halb verzweifelt, halb lachend. Sie hängt ihr Smartphone noch einmal an das geliehene Kabel. Als sie das Gebäude wenige Minuten später verlässt, sagt Marcus Tiepel zu seinem Kollegen: „Die sehen wir noch mal wieder.“

14.04 Uhr Zurück auf dem Burgplatz. Zwei Mädchen liegen auf dem nassen Kopfsteinpflaster. Sie sind irgendwie zusammen umgefallen, beide minderjährig, beide angetrunken. Durch den nassen Jutebeutel einer Buchhandlung, den eines der Mädchen über der Schulter trägt, drückt sich ein Tetrapack mit lieblichem Roséwein. „Tut mir leid“, sagt sie immer wieder und lässt sich von ihrer Freundin eine Flasche Wasser geben. „Ihr geht jetzt nach Hause, okay?“, sagt Marcus Tiepel. Sie antworten: „Machen wir.“

14.17 Uhr „Ordnungsamt!“, singt ein Junge im pinken Ganzkörperkostüm laut. „Ich hab schon so viel Geld bei euch gelassen.“ Lukoschat lobt ihn für seine Gesangskünste und erklärt ihm, dass auch er ein Knöllchen bezahlen muss, wenn er falsch geparkt hat.

14.20 Uhr Ilona Stolzel ist zum dritten Mal für das Ordnungsamt im Karnevalseinsatz und hat einen bemerkenswerten Blick für Glas entwickelt. Gezielt greift sie in eine Tasche, die in einer Gruppe von Jugendlichen steht: Eine Aperol-Spritz-Mischung in der Glasflasche. Die junge Frau, der die Flasche gehört, schaut zugleich schockiert und amüsiert dabei zu, wie die Ordnungshüterin die orangefarbene Flüssigkeit auf dem Kopfsteinpflaster auskippt. Der Begleiter bedankt sich – er findet das Verbot gut.

14.25 Uhr Am Schlossturm wird ein junger Mann mit strubbeligen blonden Haaren und im grünen Overall rausgezogen, die Ordnungskräfte stellen sich wie immer in einem Kreis um ihn – er soll eine Flasche auf sie geworfen haben. Er entschuldigt sich, mehrfach, die Einsatzkräfte lassen ihn schließlich gehen. „Der hat noch mal die rote Karte bekommen“, sagt Lukoschat.

14.50 Uhr Zurück auf der Bolkerstraße, die Stimmung hier ist anders, weniger wild als auf dem Burgplatz, sagt Ilona Stotzel. Im Vorbeigehen erspäht sie eine kleine Flasche Prosseco in der Tasche einer Frau und zieht sie heraus. „Glasverbot“, ruft sie der Frau fröhlich hinterher, die nur antwortet: „Alles klar“.