Aussage von Reul zum Fall Sami A. „höchst unangemessen“
Berlin (dpa) - Der Deutsche Anwaltverein hat empört auf die Aussage von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) reagiert, wonach Richter auch das Rechtsempfinden der Bevölkerung im Blick haben müssten.
„Es ist Zeit, dass die staatlichen Behörden die Entscheidung des OVG (Oberverwaltungsgericht) vorbehaltlos anerkennen und nicht nachtreten“, erklärte Präsident Ulrich Schellenberg am Donnerstag. Reuls Aussage sei „höchst unangemessen“. „Wir sind ein Rechtsstaat, das Urteil des Gerichtes muss jetzt umgesetzt werden.“
Der als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war am 13. Juli nach Tunesien abgeschoben worden - zu Unrecht, wie das Oberverwaltungsgericht in Münster am Mittwoch in letzter Instanz entschied. Die Behörden müssen den 42-Jährigen nun nach Deutschland zurückholen. NRW-Innenminister Reul kommentierte dies in der „Rheinischen Post“ mit den Worten: „Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen.“ Er bezweifele, dass das im Fall Sami A. geschehen sei.
Auch die Präsidentin des OVG Münster, Ricarda Brandts, kritisierte das Vorgehen von Politikern und Behörden in diesem Fall scharf. Dadurch sei „die Unabhängigkeit der Gerichte unter Druck geraten“, sagte Nordrhein-Westfalens ranghöchste Richterin der Deutschen Presse-Agentur. Schellenberg erklärte, er teile Brandts' Mahnung „voll und ganz“: „Hier wurden die Grenzen des Rechtsstaats ausgetestet - dies darf nicht wieder passieren.“