NRW Politik Biesenbach unter Druck: Lügt der NRW-Justizminister?
Düsseldorf · In der Hacker-Affäre, die einen Ausschuss im NRW-Landtag beschäftigt, bringen Verbindungsnachweise NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) in Not.
Die SPD ist sich ihrer Sache sicher. „Wenn das kein Grund für einen Rücktritt ist, ja was dann?“ fragt SPD-Fraktionsmitglied Christian Dahms. Einmalig sei der Vorgang für einen Justizminister, heißt es. Dahms, Polizeibeamter außer Dienst, reagiert am Montagmorgen auf die zuerst am Vorabend in der WDR-Sendung „Westpol“ berichteten neuen Sachverhalte zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (Pua) in der Hacker-Affäre um die vor eineinhalb Jahren zurückgetretene Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU). Danach schicken die Grünen eine Einschätzung von Fraktionschefin Monika Düker: „Es steht der ungeheuerliche Verdacht im Raum, dass ein Regierungsmitglied im Zeugenstand im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt hat. Sollte sich bestätigen, dass Minister Biesenbach im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gelogen hat, wäre er als Justizminister nicht mehr tragbar.“
Was ist passiert? NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) ist wegen seiner Zeugenaussage in dem Pua in neuer Erklärungsnot. Der Minister hat im Juli 2019 im Zuge einer Befragung über ein Telefonat von Biesenbach mit dem leitenden Oberstaatsanwalt Markus Hartmann von der Staatsanwaltschaft Köln über laufende Ermittlungen auf dem Hof Schulze Föcking am 29. März 2018 auf die Frage, ob es darüber auch ein Gespräch von ihm mit der ehemaligen Umweltministerin Christina Schulze Föcking als wichtigste Zeugin des Pua gegeben habe, mit „Nein“ geantwortet.
SPD hält das für eine „seltsam synchronisierte Amnesie“
Telefonverbindungen vom Mobiltelefon des Ministers mit Vodafone-Netz weisen aber nach, dass Biesenbach Schulze Föcking direkt nach dem eingeräumten Gespräch mit Hartmann während dessen Besuch auf dem Hof angerufen hat. Das Gespräch wird in dem Nachweis auf 1:00 Minute Dauer taxiert. Der 71 Jahre alte Biesenbach kann sich aber nach eigener Aussage an kein Telefonat mit der damaligen Kabinettskollegin über laufende Ermittlungen auf ihrem Hof erinnern. Auch Schulze Föcking nicht. Dahms hält das für eine „seltsam synchronisierte Amnesie“ der Landesregierung.
Biesenbach hatte seinerzeit versichert, er habe keinen Einfluss genommen auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum vermeintlichen Cyber-Angriff auf Schulze Föckings Privathaus, der sich später als technischer Bedienungsfehler entpuppt hatte. Es sei „eine Information über den aktuellen Sachstand“ gewesen, hatte Hartmann bestätigend im Ausschuss ausgesagt. Der Regierung wird vorgeworfen, mit der wochenlangen Darstellung eines Hackerangriffs die Öffentlichkeit in die Irre geführt zu haben, um die umstrittene Umweltministerin als Opfer stilisieren zu können. Schulze Föcking trat später zurück.
Nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe führte der Justizminister an diesem Montag an, er habe dem Pua-Vorsitzenden (SPD-Abgeordneter Hans-Willi Körfges, Anm. der Redaktion) bereits Mitte November „unaufgefordert schriftlich mitgeteilt, dass mir die Verbindungsübersicht am 8.11.2019 bekannt geworden ist“. Bereits in seinem Schreiben habe er „zum Ausdruck gebracht, dass ich davon völlig überrascht worden bin, weil ich mich an ein solches Gespräch nicht erinnere“. Jetzt steht die Frage aus, ob Biesenbach gelogen hat. Die Grünen haben für die Plenarwoche eine Aktuelle Stunde beantragt. Die SPD will noch „vor Weihnachten“ Biesenbach wie Schulze Föcking als Zeugen unter Eid aussagen lassen. Staatsanwaltliche Ermittlungen wegen eines Anfangsverdachts werden wohl nicht eingeleitet. Eine Anzeige des Ausschussvorsitzenden soll es vorerst nicht geben. „Wir warten ab, was Biesenbach und Schulze Föcking aussagen“, kündigt Dahms an.