Abschied vom geplanten Ruhestand in Hilgener Postagentur

Gabriele Straach hatte schon eine Nachfolgerin für ihre Hilgener Postagentur. Doch jetzt muss sie noch drei Jahre verlängern.

Burscheid. Gabriele Straach schien alles für den Ruhestand auf den Weg gebracht zu haben. Eine Nachfolgerin für ihr Lotto/Toto-Kiosk samt Postfiliale im Hilgener Kaufpark war gefunden. Alle Mitarbeiter (eine Vollzeitkraft, zwei Teilzeitkräfte und zwei Aushilfen) hatten ihre Kündigung erhalten. Ende Mai sollte es Generalinventur geben vor dem möglichst geräuschlosen Inhaberwechsel. Doch vorerst sind alle Pläne geplatzt: Ein neues Franchise-System macht der bald 60-Jährigen einen Strich durch die Rechnung.

Straach, früher lange Jahre Mitarbeiterin der Deutschen Post, hatte die Post-Agentur und den Laden im April 2006 übernommen. Damals hatte sie wie üblich einen hohen fünfstelligen Betrag an den Vorbesitzer gezahlt, um unter anderem das komplette Inventar übernehmen zu können.

Entsprechend hatte Straach sich auch mit ihrer avisierten Nachfolgerin auf die Zahlung von 25 000 Euro verständigt, deutlich weniger, als sie vor zehn Jahren selbst investiert hatte. Aber das Unternehmen Valora Retail, neuer Untervermieter der Ladenfläche, setzt komplett auf ein Franchise-System mit identischer Ausstattung. Die Einrichtung müsse sie beim Auszug mitnehmen, wurde ihr beschieden.

Auch die zwischenzeitliche Hoffnung, Valora selbst könne ihr beim vorzeitigen Ausstieg aus dem Mietvertrag entgegenkommen und ihr das Inventar abkaufen, haben sich inzwischen zerschlagen. „Auf das Geld kann ich aber nicht verzichten“, sagt Straach. Lange hatte sie auf Klarheit gedrängt, Ende April entschied sie sich, vorerst weiterzumachen. „Mein Vertrag läuft noch bis zum 31. Mai 2016.“

Die Kündigungen sind inzwischen zurückgenommen. „Die Mitarbeiter waren natürlich alle froh.“ Ihre Übernahme wäre nicht gewollt gewesen. Straach hofft auch, die vorgesehene Nachfolgerin selbst, die ein ähnliches Angebot bereits in Köln-Mülheim betreibt, bei der Stange halten zu können.

„Es ist ja gar nicht einfach, jemand Geeignetes zu finden“, sagt sie. Schließlich geht es sowohl beim Lottogeschäft als auch bei der Post um den vertrauenswürdigen Umgang mit Geld. „Da muss alles akkurat sein, einschließlich des Führungszeugnisses.“

Beim Franshise-System von Valora Retail tritt die Firma als Franshisegeber auf, der den jeweiligen Betreibern (Franshisenehmern) vor Ort vertraglich abgesichert ein komplettes Geschäftskonzept zur Verfügung stellt. Das bezieht sich in diesem Fall auch auf eine einheitliche Ausstattung. Diese muss aber wie die Ladenfläche vom Franshisenehmer angemietet werden. Außerdem muss er einen Teil des Umsatzes an den Franshisegeber abführen.

Dass sie bei diesem System plötzlich wie ein normaler Mieter behandelt werden kann, der beim Auszug auch seine privaten Möbel mitnehmen muss, hat Gabriele Straach von einem Anwalt prüfen lassen. Das Ergebnis: „Rechtlich ist die Vorgehensweise nicht zu beanstanden.“ Also hat sie sich notgedrungen zum Weitermachen entschieden, um den Einnahmeausfall zu kompensieren. Die Kunden im Hilgener Kaufpark werden sich vorerst nicht an ein neues Gesicht gewöhnen müssen.