Bundeswehr: Nach Afghanistan ist man nicht derselbe

Jens Nettekoven war viereinhalb Monate als Soldat am Hindukusch. Im Badehaus erzählte er von seinen Erlebnissen.

Burscheid. Am Tag zuvor hatte Jens Nettekoven noch mit ihnen Fußball gespielt — wenig später waren zwei seiner Kameraden tot. Gestorben bei einem Sprengstoffanschlag in Talokan, Hauptstadt der Provinz Tachar im Norden Afghanistans.

„Dieser 28. Mai 2011 — das war der schwerste Tag in meiner Laufbahn“, sagt Hauptmann Nettekoven, während Bilder des Trauerzugs über die weiße Wand des Burscheider Badehauses flimmern.

Dort war Jens Nettekoven am Montagabend zu Gast beim Bürgerstammtisch. Vor rund 30 Zuhörern spricht er über seinen viereinhalb Monate langen Aufenthalt in Afghanistan — als Soldat im Camp Marmal in der Nähe von Masar-e Scharif. Im Lager war er für die Sicherheit zuständig und arbeitete als Personenschützer. Zwei Jahre ist das her — doch die Erinnerungen daran lassen den 35-Jährigen bis heute nicht los. „Man ist nicht mehr derselbe“, lautet der Titel seines Vortrags.

Die Gäste im Badehaus bekommen einen Bericht aus erster Hand. Sie sehen Bilder, wie Nettekoven über die staubigen Straßen Afghanistans fährt. Rechts und links sind kleine Hütten, Geschäfte, eine Fleischerei hat ihre Produkte an Schnüren direkt neben dem Verkehr aufgehängt. Gefilmt hat Nettekoven die Szenen aus dem Führerhaus seines Jeeps.

„Auf der einen Seite war es gut, das Lager mal verlassen zu können. Auf der anderen Seite war die Anspannung in solchen Momenten sehr groß.“ Seiner Frau, die zu Hause in Remscheid mit seiner Tochter auf ihn wartete, hat er nie gesagt, wenn er auf eine Tour musste. „Ich habe immer nur erzählt, dass ich wieder zurück bin.“

Das Camp, in dem Nettekoven mit rund 4000 anderen Soldaten aus vielen unterschiedlichen Ländern stationiert war, gleicht in seiner Erzählung einer Stadt. Es gibt Restaurants, eine Wäscherei, einen Flughafen, eine Post, Bars, eine Werkstatt. Doch es sieht nicht aus wie eine Stadt. Die Fenster der Gebäude sind auf den Innenseiten mit Querstangen gesichert. „Damit sie bei einer Explosion nicht nach innen gedrückt werden.“ Überall stehen hohe Gitterkörbe, gefüllt mit Kies. Sie sollen Kugeln abhalten.

Doch Nettekoven, der in seiner Zeit in Afghanistan unter anderem Verteidigungsminister Thomas de Mazière und Entwicklungsminister Dirk Niebel beschützt hat, hat auch viele schöne Erinnerungen mitgebracht. „Wir haben zum Beispiel einer Schule vor Ort helfen können, indem wir eine Tafel, Glas für die Fenster und Stühle für die Kinder organisiert haben“, sagt er. Aus Deutschland hat seine Frau ihm eine Schaukel geschickt.

Er hofft, dass sie noch heute in Afghanistan hängt. „Mir sind solche Vorträge wichtig. Mit ihnen verarbeite ich, was ich erlebt habe. Und die Leute sollen wissen, was wir dort unten machen und wie die Situation“, sagt Jens Nettekoven.