Der Wettbewerb setzt die Stadtwerke unter Zugzwang

Gaslieferungen außerhalb des Versorgungsgebiets, Strom, Glasfaser — die Überlegungen gehen derzeit noch in alle Richtungen.

Burscheid. Die Stadtwerke spüren den Wettbewerb. Etwa fünf Prozent der Kunden haben sich inzwischen für einen anderen Gasanbieter entschieden. Das ist noch nicht viel, stellt das städtische Tochterunternehmen aber vor die Frage, „ob und in welchem Maße wir gegensteuern müssen“, wie Prokurist Christian Meuthen formuliert. Am Donnerstag hat sich der Aufsichtsrat mit möglichen Geschäftsfeldern befasst.

„Beschlossen ist noch nichts“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Gustav Ringelberg (CDU). Er ist auch überzeugt: „Das dauert noch.“ Derzeit wird in alle Richtungen und völlig offen überlegt. Einzige Vorgaben laut Meuthen: „Was passt in das bisherige Aufgabenfeld? Und was ist wirtschaftlich für uns?“

Eine der Überlegungen: Ist es denkbar, dass die Stadtwerke ihrerseits Gas in Gebiete liefern, die nicht zum eigentlichen Versorgungsgebiet gehören? Ein zweiter Ansatz, um die Gaskunden stärker zu binden, sind vertraglich fixierte Dienstleistungen. „Dann liefern wir nicht mehr Gas, sondern Wärme“, erklärt Meuthen.

Bisher betraf das Blockheizkraftwerke (BHKW) in Mehrfamilienhäusern ab neun Wohnungen. Die Stadtwerke stellen die Heizungsanlage und übernehmen auch die Wartung. Inzwischen sind aber auch verstärkt Mikro-BHKWs serienreif.

Und auch wenn Ringelberg sagt, es könne sich bei allen Ausweitungen nur um das Thema Gas drehen, derzeit prüfen die Stadtwerke zudem völlig neue Aktivitäten. Noch vor der Sommerpause soll beispielsweise entschieden sein, ob der Einstieg in das Glasfasergeschäft gewagt werden kann. Hier wie in anderen Fragen sind jetzt Gutachter gefordert.

Sicher scheint zu sein, dass die Stadtwerke zumindest die Kabelschutzrohre unter dem geplanten Radweg auf der Trasse verlegen, wenn sich NetCologne oder ein anderer Betreiber nicht schnell genug entschließen, in Burscheid einzusteigen. Denn die Rohre könnten dann später entweder an andere Anbieter schneller Internetleitungen vermarktet oder für eigene Aktivitäten auf dem Geschäftsfeld genutzt werden.

Nicht vom Tisch ist auch die Frage der Stromkonzession, die 2014 ausläuft. Zwar sieht Ringelberg Skepsis auf breiter Front, denn immerhin sind die Stadtwerke bisher stiller Gesellschafter des Lieferanten Belkaw. Aber andererseits hätten die Stadtwerke dann die Möglichkeit, ihren Kunden Strom und Gas aus einer Hand und mit einer Jahresabrechnung anzubieten — auch ein Weg der Kundenbindung.

Dabei ist allerdings unter anderem die Leitungsfrage von entscheidender Bedeutung. Wer nicht im Besitz des Leitungsnetzes ist, muss an den Betreiber Leitungsgebühren entrichten, um die Kunden zu erreichen. Und der Kauf wäre eine enorme Investition.

Eines ist für Ringelberg bei allen Überlegungen aber inzwischen ausgeschlossen: der Verkauf. „Das hat keinen Zweck. Wir hätten nur einen kurzfristigen Gewinn davon. Es wird auch keine Fusion oder eine 50:50-Beteiligung geben. Wir bleiben so, wie wir sind. Die Stadtwerke sollen nur ein bisschen ausgebaut werden — zugunsten der Stadtkasse.“