Burscheid Ehrenamt: Wenn der Vorstand fehlt
In vielen Vereinen will keiner die Spitzenämter übernehmen. Das kann zu Problemen führen.
Burscheid. Ehrenamt gilt als der Kit der Gesellschaft. Das gilt nicht zuletzt in Burscheid, wo etwa 100 Vereine auf das ehrenamtliche Engagement der Bürger angewiesen sind. Dazu zählen Chöre ebenso wie soziale und historische Vereine. Aber viele von ihnen haben Probleme, neue Mitglieder zu finden — vor allem aber solche, die bereit sind, als Vorstände die Vereine zu leiten. Das ist nicht nur in Burscheid so. Aber eben auch.
Das hat sich zuletzt bei der Elterninitiative der Kita Rasselbande gezeigt. Am vergangenen Mittwoch kam sie zusammen, um drei neue Vorstandsmitglieder zu wählen. Letztlich mussten aber alle drei Vorstände, deren Amtszeit ausgelaufen wäre, wiedergewählt werden. Jens Jacoby, Vorsitzender der Elterninitiative, sagt, es hätte auch keine anderen Interessenten gebeben. Er selbst ist schon fünf Jahre im Amt. Auch wenn die Amtszeit nur auf zwei Jahre angelegt ist. „Im Moment ist das für mich nicht so dramatisch“, sagt er. „Ich befürchte nicht, dass langfristig keiner mein Amt übernimmt.“ Trotzdem sei es schwer, Mitglieder davon zu überzeugen, sich für die Vorstandsposten zur Wahl zu stellen. „Es ist eine erhebliche zeitliche Mehrbelastung. Da überlegen sich die Leute das schon.“ Langfristig werde es schwer, so die Vereinsarbeit aufrecht zu erhalten, prognostiziert Jacoby.
Auch aus anderen Vereinen berichtet man von dem „betretenen Schweigen“, wenn es um die Frage der Vereinsführung geht. So etwa beim Bürgerbus-Verein, der eine Linie des ÖPNV im Stadtgebiet mit ehrenamtlichen Fahrern betreibt. Seit Mai ist Hans-Joachim Scheurlen Vorsitzender des Vereins. Aber auch er hat sich davon überzeugen lassen müssen. „Ich habe es dann aus Verbundenheit dem vorherigen Vorsitzenden gegenüber gemacht und weil jemand gesucht wurde, der sich etwas mit IT auskennt.“ Scheuerlen, der früher bei Bayer gearbeitet hat, passte gut. Er ist Freiberufler im IT-Bereich. Aber auch er musste mehrmals gefragt werden. „Ich mache das gerne, ich musste nicht in den sauren Apfel beißen, aber zeitlich hat mir das nicht gut gepasst“, sagt er. Er hätte lieber zwei Jahre später das Amt angetreten. Denn Scheurlen ist neben dem Beruf auch noch Kassenwart beim Tennisverein.
Er hat verschiedene Einblicke in das Vereinsleben in Burscheid und sagt, es gebe eben überall Probleme, Mitglieder für die Vorstandsarbeit zu begeistern. Gerade der Mittelbau zwischen 40 und 60 sei beruflich stark eingebunden und habe wenig Zeit für die zusätzlichen Aufgaben, sieht er eine Begründung für die fehlenden Freiwilligen. „Es ist eben nicht so, dass sich zehn Kandidaten aufstellen lassen für so ein Amt und einer gewählt wird“, sagt er. „Das passiert mehr aus Verlegenheit.“
Ähnlich — aber mit positivem Ausblick — läuft es beim Damenchor Dürscheider Dreiklang. Wie so vielen Chöre fehlt es dem Verein an Nachwuchs und dementsprechend an ehrenamtlichen Leitern. Ingrid Meding-Arndt sitzt dem Verein seit 20 Jahren vor. Als die mittlerweile 80 Jahre alte Frau im vergangenen Jahr eine Nachfolgerin suchte, gab es keine. Langsam möchte Meding-Arndt aber aus Altersgründen das Amt weitergeben.
Sie hat Glück. Denn eine junge Frau aus dem Chor lässt sich von ihr an den Posten heranführen. Die 26 Jahre alte Sarah Kriesten begleitet Meding-Arndt zur Zeit bei ihrer Arbeit im Vorstand. „Ich weiß noch nicht, ob ich der Aufgabe gewachsen bin“, sagt das jüngste Chormitglied mit Blick auf die vielen Aufgaben der Vorsitzenden. „Aber wenn ich mir das zutraue, würde ich mich im nächsten Jahr zur Wahl stellen.“ Bis dahin und danach wäre Meding-Arndt an ihrer Seite. Das gibt ihr Sicherheit, „nicht im Regen zu stehen.“
Genau das befürchten wohl viele Vereinsmitglieder — mit der vielen Arbeit alleine zu sein. Jens Jacoby vom Verein der Rasselbande sagt es, wie es ist: „Die Arbeit ist eben da. Ich kann niemandem versprechen, dass es ohne den entsprechenden Zeitaufwand ginge.“ Bleibt zu hoffen, dass sich am Ende doch immer jemand findet und es sieht wie Hans-Joachim Scheurlen, der sagt: „Es muss ja weitergehen.“ Andernfalls, so befürchtet es Jens Jacoby, wird die Vereinsarbeit langfristig schwer aufrecht zu erhalten sein.