Wie ist die neue Sonderausstellung in den ersten Tagen nach der Wiedereröffnung angenommen worden?
Kultur 1 Eine Urlaubsreise im Museum
Köln · Bis zum 22. August läuft die Sonderausstellung „Bon Voyage, Signac!“ im Kölner Wallraf-Museum. Wir haben mit der stellvertretenden Direktorin des Hauses und der Kuratorin der Schau, Barbara Schaefer, einen Blick auf die spannende impressionistische Reise geworfen.
Barbara Schaefer: In den ersten Tagen hatten wir die Ausstellung mit Terminvorbuchung geöffnet. Die buchbaren Zeitfenster waren gut nachgefragt. Momentan ist keine Voranmeldung mehr notwendig. Das öffnet die Schau einem noch größeren Publikum. Bislang kommt dieses vor allem aus Köln und dem Umland
Was macht den Reiz der Ausstellung aus?
Schaefer: Eine Ausstellung über das Reisen passt gut in die Zeit der Pandemie, die das Reisen aktuell nicht ganz so einfach macht. Die Ausstellung wurde mehrfach verschoben und die Planungen lagen noch in der Zeit vor Corona. Aber gerade jetzt haben die Besucher ein großes Bedürfnis bei dem Thema und wollen sich wieder dem Reisen annähern. Das bedient die Ausstellung sehr schön.
Es gibt auch einen „Reiseführer“.
Schaefer: Wir haben ein Reisetagebuch mit kleinen kunsthistorischen Einsprengseln verfasst. Das liest sich leicht und führt durch ganz Frankreich von Paris und seine Vororte in die Normandie, die Bretagne und zur Côte d'Azur. Auch Italien und Istanbul stehen auf dem Reiseplan. Die Schau ist wie der Reiseführer nicht chronologisch, sondern touristisch nach Regionen angelegt. Jede Region hat ihre ganz eigenen Reize und ihre eigenen Motive für den Maler. Es ist spannend, durch die Ausstellung zu gehen und zu sehen, wie sich das Licht immer wieder verändert. Das Licht war das zentrale Element für die Impressionisten und das ist am Ärmelkanal ganz anders als an der Côte d'Azur. Spannend ist auch, dass wir in der Ausstellung verschiedene Stilrichtungen wie den Impressionismus sowie den Neo- und den Postimpressionismus miteinander vereinen.
Welche Rolle spielt der Impressionismus für das Wallraf?
Schaefer: Der Impressionismus ist neben der Mittelalter-Sammlung und dem Barock als Kunst des 19. Jahrhunderts ein drittes, wichtiges Standbein des Museums. Und es ist eine Stilrichtung, die bei unserem Publikum sehr beliebt ist.
Das zentrale Werk von Signac, der Blick auf Konstantinnopel, kommt ganz zum Schluss des Rundgangs.
Schaefer: Das Werk „Konstantinopel: Yeni Djami“ ist eine neuere Dauerleihgabe der Stiftung Kunst im Landesbesitz. Da Signac wegen des Schimmers von Licht und Schatten auf Firnis verzichtet hatte, war die oberste Malschicht des Gemäldes stark verschmutzt und musste von den Restauratorinnen bei uns im Haus sehr aufwendig mit Wattestäbchen und speziellem Reinigungsmittel Pinselstrich für Pinselstrich gereinigt werden. Jetzt erstrahlt es wieder in altem Glanz. Um dieses Werk haben wir dann die gesamte Ausstellung konzipiert. Zu sehen sind Signac-Werke aus dem eigenen Bestand sowie Leihgaben. Dazu kommen weitere Impressionisten aus dem eigenen Bestand, die wir darum gruppiert haben.
Wie wurden die Gemälde ausgewählt?
Schaefer: Wir wollten Signacs komplette Reisen zeigen. Es begann in Paris und den Vororten. Nach der Jahrhundertwende hat er die Reise aufs gesamte Land sowie auf weitere europäische Häfen ausgeweitet. Den Häfen hat er dabei einen eigenen Zyklus gewidmet. Außerdem wollten wir mit den weiteren Malern, die drei Stilrichtungen abbilden sowie die einzelnen Regionen gut bestücken.
Wie ist Signac gereist?
Schaefer: Nach dem Ausbau des Schienennetzes waren die Küstenorte gut erreichbar. Nach dem Signac den Führerschein hatte, war er auch mit dem Auto unterwegs. Viele Reisen hat er außerdem mit dem Segelboot unternommen. Das Segeln war seine Passion, im Laufe seines Lebens hat er insgesamt 30 Boote besessen. Als Ziele hatte er die Häfen im Blick, es gab auch immer wieder Tipps von Künstlerkollegen. Dazu kommen spektakuläre Landschaftskulissen wie der Strand von Étretat, zu denen jeder Maler reisen wollte. Heute gibt es Künstlerpfade mit Hinweisen, wo welche Gemälde entstanden ist. Die Impressionisten malten gerne unter freiem Himmel, während es die Neoimpressionisten wieder zurück ins Atelier zog.
Was fasziniert sie persönlich an Signac?
Schaefer: Er ist ein Künstler, der nicht stehen bleibt und sich ständig weiterentwickelt. In jungen Jahren hat er die impressionistischen Bilder von Monet kennengelernt und wollte deshalb selbst Maler werden. Dann stand er unter dem Einfluss der strikten Regeln der Maltechnik der Neoimpressionisten und später wurde er freier in seiner Malweise. Dies zu beobachten, ist für mich sehr spannend.
Welche Bedeutung hat Kultur jetzt in der Krisenzeit?
Schaefer: Es ist schön bei den Besucherbucheinträgen oder beim Gang durch unser Haus zu sehen, welche Freude die Ausstellung den Menschen bereitet. Sie entdecken hier Orte wieder, die sie schon selbst bei Reisen besucht haben und erleben eine Vorfreude auf den nächsten Urlaub dort.