Fachleute für das heikle Thema Sex
Pro Familia ist gefragt, sorgt sich aber um die künftige Finanzierung.
Burscheid. Es geht heiß zu unter dem Rathausdach. Der Kalauer muss in diesem Fall einfach erlaubt sein. Penismodelle unterschiedlicher Größe, Kondome und Diaphragmen neben gesammelten Schülerfragen, von denen "Warum macht man Sex?" noch die unverfänglichste ist - die Beratungsstelle Pro Familia feiert ihr zehnjähriges Bestehen mit umfangreichem Ansichtsmaterial. Und sie feiert im Sitzungssaal bei tropischen Temperaturen.
So tropisch, dass Landrat Rolf Menzel noch während seiner Ansprache die Krawatte ablegt. Er erinnert an den Beschluss des Kreistages im Dezember 1998, im Nordkreis eine zweite Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte einzurichten. Burscheid wird als Standort ausgewählt und im Januar 2000 geht es los - zunächst im alten Rathaus.
Vier Jahre später erfolgt der Umzug an den heutigen Standort in der Höhestraße mit mehr Platz und besserer Verkehrsanbindung. "Es macht auch heute noch Sinn, Angebote des Nordkreises in seiner geografischen Mitte anzusiedeln", spielt Bürgermeister Stefan Caplan schmunzelnd auf die aktuelle Diskussion um die Polizeiwache an.
Und verweist auf den großen Bedarf: Um die 400 Menschen suchen Jahr für Jahr den Rat von Pro Familia, die 57 sexualpädagogischen Angebote des Jahres 2009 erreichten über tausend Teilnehmer.
Doch die Landesvorsitzende Marianne Hürten aus Wermelskirchen sieht sorgenvoll in die Zukunft: "Schon heute ist die Förderung nicht kostendeckend. Und im kommenden Jahr wird der Leistungsvertrag neu ausgehandelt."
Wegen des Haushaltssicherungskonzepts werde der Kreis "jedes Jahr kämpfen müssen", hatte zuvor schon Menzel gesagt. Von Hürten erntet er Dank, dass sich der Kreis an den Kosten für die Pille bei Hartz-IV-Empfängerinnen beteiligt, weil die Praxis zeigt, dass der Griff zu unsichereren und billigeren Verhütungsmethoden nur dazu führt, dass die Zahl der sozial bedingten Schwangerschaftskonflikte ansteigt.
Seit August 2000 unterhält Pro Familia noch eine Außenstelle in Bergisch Gladbach. Und ab September wird es auch in Rösrath einmal im Monat die Möglichkeit geben, die Pro-Familia-Psychologin zu sprechen.