Finanzamt: Bescheide brauchen länger als früher

Weniger Personal, aber höherer Aufwand: Die bisher üblichen Bearbeitungszeiten sind nicht mehr zu halten.

Leverkusen/Burscheid. Mit seiner Forderung nach der Steuererklärung auf einem Bierdeckel wird der CDU-Politiker Friedrich Merz wohl auf ewig verbunden bleiben. Die Wirklichkeit sieht anders aus: "Das Steuerrecht wird immer komplizierter", klagt der Vorsteher des Finanzamtes Leverkusen, Alexander Knüppel. "Wir ersticken in Arbeit."

Risikomanagement nennt die Finanzverwaltung ihr Gegeninstrument. Will heißen: Das Personal wird da gezielter eingesetzt, wo sich aus steuerlicher Sicht der Aufwand lohnt. Bei der normalen Steuererklärung eines durchschnittlichen Arbeitnehmers sei meist nicht viel zu holen. Aufmerksamer werden die Beamten, wenn es um größere Summen geht. Damit die Entscheidung nicht beliebig ausfällt, hilft der Computer bei der Auswahl.

Seit einem Jahr geht das Finanzamt Leverkusen dabei neue Wege: Die Mitarbeiter statten zur Überprüfung der Angaben auch schon mal Hausbesuche ab - mit Ankündigung, aber auch spontan. Das soll helfen, einen langwierigen Schriftverkehr zu ersparen.

Wenn beispielsweise ein junger Berufseinsteiger eine doppelte Haushaltsführung geltend macht, weil er in Burscheid lebt, aber in Frankfurt arbeitet, überprüfen die Sachbearbeiter im Außendienst, ob er nicht in Wirklichkeit nur weiter das Kinderzimmer bei seinen Eltern in Burscheid nutzt.

Etwa 100 solcher Besuche hat das Finanzamt bisher abgestattet, rund die Hälfte hat zu Beanstandungen des Amtes geführt. In allen Fällen aber, so Sachgebietsleiter Willi Welter, seien die Betroffenen sehr kooperativ gewesen. "Wir sind auch weit davon entfernt, alle Steuerpflichtigen zu kriminalisieren", bekräftigt Vorsteher Knüppel. "Vieles geschieht nur aus Unwissenheit."

Die Vordrucke für die Steuererklärung sind ab 2006 völlig neu gestaltet; eines Tages sollen sie so maschinenlesbar sein. Zunächst hat sich aber die Zahl der Angaben (und damit für die Finanzbeamten auch die Zahl der Eingaben) erhöht. Um unnötige Nachfragen zu vermeiden, sei es bei der Anlage V (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) zum Beispiel wichtig, das Einheitswert-Aktenzeichen anzugeben.

Dennoch stellt Knüppel klar: "Wir werden die früher üblichen Bearbeitungszeiten nicht halten können." Erfassungsaufwand und Beratungsbedarf seien gestiegen - bei sinkendem Personal. "Damit würden wir aber nur auskommen, wenn sich die Steuergesetze nicht permanent ändern würden."