Hilgen Gute-Nachrichten-Tür: „Den Blick für das Positive schärfen“
Eine Gute-Nachrichten-Tür gibt es bei der Evangelischen Gemeinde in Hilgen-Dünweg. Pfarrerin Annerose Frickenschmidt erklärt, warum ihr das in einer Zeit mit vielen Problemen wichtig ist.
Burscheid. Wie berichtet sammelt die Evangelische Kirchengemeinde Burscheid positive Nachrichten. Entsprechende Zeitungsartikel werden an die Gute-Nachrichten-Tür im Gemeindezentrum in Hilgen-Dünweg geheftet. Über Erdmännchen, die Selektion von Nachrichten und die Gefahr der Schönfärberei sprachen wir mit Pfarrerin Annerose Frickenschmidt.
Frau Frickenschmidt, wie kommt die Aktion bislang an?
Annerose Frickenschmidt: Das Thema wird jetzt erst gerade wahrgenommen. Konfirmanden unserer Gemeinde und ich haben ja erst am 1. Advent gesammelte Zeitungsausschnitte der vergangenen Wochen an die Tür gehängt. Die meisten haben das wohl noch gar nicht mitbekommen. Aber es gibt auch Rückmeldungen wie: „Das ist aber eine schöne Idee.“ Und die beiden Türen sind schon fast voll gehängt.
Welche Nachrichten wurden dafür ausgewählt?
Frickenschmidt: Das fängt bei eher einfachen Themen an, in denen es beispielsweise um die Sneakers-Messe geht oder auch um Erdmännchen. Da merkt man natürlich den Altersunterschied derjenigen, die sich beteiligen. Aber unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden haben auch Nachrichten gewählt, bei denen es um die Zukunft der ökumenischen Gemeinschaft geht. Bewegt haben mich viele Artikel, besonders aber die, in denen es auf ganz unterschiedlichen Ebenen um Frieden und demokratische Werte geht, weil wir ja auch in Deutschland dabei sind neu zu begreifen, wie wenig selbstverständlich Frieden — und eng damit verknüpft — Demokratie ist.
Konkret: Um welche Artikel geht es?
Frickenschmidt: Beispielsweise über die Islamkonferenz von jungen Muslimen und Nichtmuslimen in NRW unter der Überschrift „Jugendliche wollen Islamdebatte entschärfen“. Oder einem hoffnungsvollen Blick auf unsere Demokratie von Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Thema „Populisten werden sich die Zähne ausbeißen“.
Woher kommt (plötzlich) das Verlangen, das Positive in den Vordergrund stellen zu müssen? Werden wir von den negativen Dingen erdrückt?
Frickenschmidt: Für mich ist das kein plötzliches Verlangen. Ich habe vor fünf Jahren über eine Kollegin gelesen, die regelmäßig positive Meldungen aus Zeitungen geschnitten und gesammelt hat — für ihre Psychohygiene. Die negativen Dinge werden oft viele eher wahrgenommen als die positiven. Das liegt natürlich auch daran, dass wir mit furchtbaren Nachrichten aus der ganzen Welt konfrontiert werden und die so übermächtig erscheinen, dass wir leicht resignieren.
Ist dadurch nicht die Gefahr gegeben, dass wir unsere Welt schönfärben?
Frickenschmidt: Es geht mir auf gar keinen Fall um Schönfärberei oder um eine Verdrängung der schlechten Nachrichten. Im Gegenteil. In den Zeitungsausschnitten, die wir gesammelt haben, geht es fast immer um Hoffnungsvolles vor einem dunklen Hintergrund. Es gibt einen großen Hunger auf hoffnungsvolle Nachrichten, die uns vor Resignation oder Zynismus bewahren.
Genau zur jetzigen Zeit . . .
Frickenschmidt: Genau. Darum haben wir gerade am 1. Advent mit der Aktion begonnen. Auch die Adventszeit ist ja eine Hoffnungszeit vor dunklem Hintergrund — auch im übertragenen Sinn. Mit den Lichtern, die nach und nach angezündet werden, wird das Dunkle nicht verdrängt, aber erhellt. Das möchte ich auch mit der Sammlung der guten Nachrichten tun. Sie sollen den Blick für das Hoffnungsvolle schärfen.
Also die guten Nachrichten brauchen wir, um die negativen zu verarbeiten?
Frickenschmidt: Ja, und auch um den Mut zu haben, etwas zu verändern. An unserer Gute-Nachricht-Tür hängt beispielsweise ein Artikel über das grüne Engagement von Kindern. Vor dem Hintergrund von Umweltzerstörung macht solches Engagement der Jüngsten Mut.
Was ist Ihre aktuell beste Nachricht aus der Welt — und im direkten lokalen Umfeld?
Frickenschmidt: Dass Van der Bellen in Österreich neuer Präsident ist, war für mich eine richtig gute Nachricht. Und in meinem persönlichen Umfeld war ich richtig begeistert darüber wie gut die Eigeninitiative eines afrikanischen Flüchtlings aus Benninghausen auf dem Interkulturellen Fest angekommen ist, der dort Kartoffelecken verkauft hat. Mit 200 Kartoffelecken kam er auf unsere Einladung hin auch zu unserem Basar. Alles ging weg.