Hohe Hürden für das Modellprojekt
Schulpolitik: Eine Gemeinschaftsschule wäre in Burscheid nur schwer zu realisieren.
Burscheid. Es gibt Landkreise in Nordrhein-Westfalen, die von sinkenden Schülerzahlen noch dramatischer betroffen sein werden. Aber auch Rhein-Berg muss bis 2019 mit einem Rückgang um 19,3 Prozent rechnen - im Gegensatz beispielsweise zu Leverkusen, wo das Statistische Landesamt in zehn Jahren nur 0,8 Prozent weniger Schüler erwartet. Die Berechnungen, die am Dienstag vorgelegt wurden, rücken auch die Zukunft der Burscheider Hauptschule wieder neu in den Blickpunkt.
"Richtig ist, dass wir vor sieben bis acht Jahre fast doppelt so viele Hauptschüler hatten wie heute", sagt Bürgermeister Stefan Caplan. Ein Grund ist der demografische Wandel, ein anderer die gesunkene Wertschätzung der Schulform Hauptschule in den Augen vieler Eltern.
Die in Burscheid jährlich fortgeschriebenen Schülerzahlen zeigen nach Caplans Angaben gleichwohl, dass in den kommenden sechs bis acht Jahren "keine unserer Schulen im Bestand gefährdet wäre". Was nicht heißt, dass die schulpolitische Diskussion nicht aufmerksam verfolgt würde. "Ich gehe davon aus, dass es hier keine Dogmen gibt, wenn es darum geht, was für Burscheid und unsere Kinder das Beste ist."
Derzeit richten sich die Blicke auf die Gemeinschaftsschule, ein Modellprojekt, das die neue rot-grüne Landesregierung auf den Weg gebracht hat. Wer beim Start zum Schuljahr 2011/2012 dabei sein will, dessen Antrag muss bis Ende des Jahres in Düsseldorf vorliegen. "Aber die Bedingungen, die daran geküpft sind, sind sehr hoch", sagt Waltraud Schmitz, Rektorin der Hauptschule.
Denn die Gemeinschaftsschule muss ihren Schülern alle Schulabschlüsse ermöglichen - bis hin zum Abitur. Über die konkrete Ausgestaltung nach der gemeinsamen fünften und sechsten Klasse entscheidet aber der Schulträger vor Ort in Abstimmung mit allen Beteiligten. Ein schlüssiges Schulkonzept ist daher schon die erste Hürde. Im Falle Burscheids wären beispielsweise interkommunale Vereinbarungen nötig, denn für die Sekundarstufe II müsste ein Kooperationspartner gefunden werden, den es vor Ort bekanntlich nicht gibt.
Weitere Hürden sind die Mindestschülerzahlen. Bei Klassengrößen von 23 bis 25Schülern muss die Modellschule wenigstens dreizügig sein. Und selbst die räumlich gut denkbare Kooperation mit der Evangelischen Realschule steht wegen der unterschiedlichen Schulträger unter schwierigen Vorzeichen - ein Problem, das nach Einschätzung der Stadt im Schulministerium bisher noch gar nicht bedacht worden ist.
Bürgermeister Caplan will sich in der Frage daher an den zuständigen Staatssekretär im Ministerium wenden. Auch das BfB hat schon einen Brief nach Düsseldorf geschickt, verbunden mit der Frage, inwieweit bei der geplanten Schulreform auch die Fusion von Schulen öffentlicher und privater Träger möglich sein werde und wie diese Trägerschaft dann organisiert werden müsse.
Angesichts des komplexen Themas glaubt Rektorin Schmitz, "dass die Chancen für eine Projektschule hier eher schlecht stehen" - auch wenn sie die Initiative grundsätzlich begrüßt. "Es ist politisch weise, dass die Landesregierung nicht die Konfrontation sucht, sondern den Weg des Modellprojekts wählt."
Aber selbst das geht manchen schon zu weit. Landtagsabgeordneter Rainer Deppe (CDU) sieht darin nur einen Schritt auf dem Weg zu der von seiner Fraktion abgelehnten Einheitsschule.