Hochschule „Ich hoffe auf die Rückkehr zum Präsenzbetrieb an der Uni“

Wie erleben Sie gerade die Situation?

Der Grundstein für das Hauptgebäude der Uni Köln wurde 1929 gelegt. Bezogen wurden die neuen Gebäude in Lindenthal 1934.

Foto: Eppinger

Prof. Axel Freimuth: Die Impferfolge machen derzeit Hoffnung, dass sich im kommenden Wintersemester eine bessere Situation ergibt. Allerdings geben die aktuell steigenden Infektionszahlen hierzulande und die Situation zum Beispiel in Großbritannien Anlass zur Sorge, dass uns wieder eine schwierige Zeit im Herbst und Winter bevorsteht. Wir versuchen derzeit bei unseren Studierenden für die Impfung zu werben. Mit einer Impfaktion für 500 Studierende direkt auf dem Campus wollten wir ein Signal für die Bedeutung des Impfens für den Präsenzbetrieb an unserer Universität setzen. Ich hoffe sehr auf die Rückkehr zum Präsenzbetrieb, weil so die Studierenden wieder Veranstaltungen besuchen und damit vor Ort bis Diskussionen interagieren und Kontakte knüpfen können. Das ist für uns sehr wichtig. Ich rechne aber nicht damit, dass wir direkt mit den ganz großen Vorlesungen mit 700 oder 800 Teilnehmern starten können. Diese bedeuten einen großen Aufwand, weil dafür auch Regeln wie zum Beispiel der Nachweis von Geimpften, Genesenen oder Getesteten notwendig sind. Kleinere Veranstaltungen vor Ort sind aber wichtig, weil sie sehr effektiv sind. 

Wie fällt Ihre Bilanz für die vergangenen zwei, digitalen Semester aus?

Freimuth: Die Universität ist mit ihrem Lehr- und Forschungsbetrieb bislang gut durch die Pandemie gekommen. Wir konnten den Studierenden alle Veranstaltungen anbieten. Meist waren diese digital, aber es gibt auch Bereiche wie bei den Laborkursen in den Naturwissenschaften, wo die Präsenz unvermeidbar war. Hier konnten wir durch eine bessere Lüftung in den Räumen und die Aufteilung in kleinere Gruppen an mehr Terminen die notwendige Sicherheit gewährleisten. Für die Prüfungen haben wir zum Teil Messehallen angemietet oder auch digitale Formate angeboten. All das hat gut funktioniert. Das zeigt uns der Lernerfolg und das positive Feedback unserer Studierenden. Auch die Forschung konnte in der Krise weiter laufen, während der Pandemie gab es sogar mehr Publikationen. Zu Hause wurde teilweise wohl effektiver gearbeitet. Das Homeoffice ist etwas, das bei uns insgesamt sehr gut funktioniert hat und das in manchen Bereichen auch eine Option für die Zukunft ist. 

Gab es Fälle von Infektionen im Umfeld der Uni?

Freimuth: Im Bezug auf die Gesundheit sind wir gut durch die Corona-Zeit gekommen. Wir hatten ein Testzentrum direkt auf dem Campus und wir haben unsere Mitarbeiter zum Teil über unseren betriebsärztlichen Dienst selbst geimpft. Für die Corona-Lage gab es eine enge Abstimmung mit den Experten der Uniklinik. So hatten wir nur wenige Erkrankte und keinen Infektionsherd an der Uni. Trotzdem gibt es Studiernde, die jetzt fast anderthalb Jahre nur von ihrem Zimmer aus studiert und die Universität nicht von innen gesehen haben. Für mich wäre das als Studierender kaum vorstellbar gewesen. Schwierig ist die Situation auch für junge Wissenschaftler, die gerade promovieren oder habilitieren. Sie haben in der Regel befristete Arbeitsverträge, um das zu realisieren, und jetzt ist es deutlich erschwert, an Forschungsprojekten zu arbeiten. Hier haben wir Verlängerungen für die Stellen anbieten können. 

Was mussten Sie für die Umsetzung des digitalen Lehrbetriebs tun?

Freimuth: Wir haben unsere digitale Infrastruktur weiter ertüchtigt, wie das schon vor der Pandemie geplant war. Man muss etwas tun, um Lehrveranstaltungen ins Internet zu übertragen, interaktive Formate zu realisieren oder Zoom-Plattformen an den Start zu bringen. Insgesamt haben wir hier 6,5 Millionen Euro investiert, im kommenden Jahr werden vermutlich weitere drei bis vier Millonen Euro dazukommen. So konnten wir gewährleisten, dass die Studierenden möglichst wenig Zeit verlieren, das wussten diese auch zu schätzen. 

Wie wichtig ist der Austausch mit anderen Universitäten?

Freimuth: Über die Landesrektorenkonferenz haben wir einen regelmäßigen Austausch. Dort werden Wissen und Erfahrungen ausgetauscht und die Hochschule können gemeinsam gegenüber der Politik ihre Standpunkte vertreten. Das funktioniert über die entsprechende Institutionen auch bundesweit. In Köln gibt es außerdem Kontakte zu den anderen Hochschulen, insbesondere zur TH und ihrem Präsidenten Stefan Herzig, den ich durch seine Arbeit bei uns an der Uni gut kenne. Das gilt auch für den wichtigen Kontakt zur Stadt – mit 50.000 Studierenden und 7000 Mitarbeitern ist die Universität ein wichtiger Faktor in Köln, was zum Beispiel den ÖPNV betrifft.

Wird das Digitale auch die Universität in Zukunft bestimmen?

Freimuth: Wir haben die digitale Lehre gemeinsam mit den Studierenden evaluiert und digitale Veranstaltungsformate, die den entsprechenden Lernerfolg gebracht haben, sind definitiv auch weiter eine gute Option. Sie bringen zum Beispiel für Studierende, die nebenher arbeiten müssen, mehr Flexibilität. Möglich sind neben den reinen Präsenzveranstaltungen auch immer hybride Formate. In manchen wichtigen Forschungsbereichen könnte man digitale Studiengänge auch weltweit anbieten und so mehr Menschen Einblicke in unsere Arbeit geben. Entscheidend ist bei der Wahl des Formats immer der Lernerfolg und das Feedback der Studierenden. 

Wie wird sich das Leben auf dem Campus nach der Pandemie verändern?

Freimuth: Da wird es keine Veränderungen geben. Das Leben läuft wie vorher. Es werden allerdings mehr digitale Lehrformate dazukommen, digitale und Präsenzformate werden sich so im Alltag der Studierenden ergänzen. So kann man vormittags per Internet an Veranstaltungen teilnehmen und mittags zur Vorlesung auf dem Campus gehen, um später wieder an den PC zu wechseln. Wir müssen daher dafür sorgen, dass mehr digitale Arbeitsplätze für Studierende an der Uni eingerichtet werden. 

Wie sind die sozialen Folgen für die Studierenden an der Uni Köln?

Freimuth: Ein Aspekt in der Corona-Krise war, dass Studierende durch die Folgen der Pandemie ihre Kurzzeitjobs verloren haben. Vielen ist damit ein wesentlicher Teil der Studienfinanzierung weggebrochen. Hier konnten wir den Betroffenen mit Überbrückungshilfen zur Seite stehen. Ein anderes Problem ist, dass jetzt zum Wintersemester Studierende an die Uni kommen, die bislang von zu Hause bei den Eltern studiert haben. Beim Kölner Wohnungsmarkt wird es schwer, jetzt die passende Unterkunft zu finden. Hier helfen digitale Angebote im Wechsel mit Präsenzveranstaltungen ebenfalls weiter. Es gab und gibt auch Studierende, die mit der ganzen Situation nicht zurechtgekommen sind. Hier gibt es von der Universität und vom Studierendenwerk die entsprechenden Hilfs- und Beratungsangebote. Schwierig war es zudem für junge Wissenschaftler mit Familie sowie auch für weitere Mitarbeiter, denen die Angebote zur Kinderbetreuung im Lockdown weggebrochen sind. Wir haben versucht, den Betroffenen mit flexibelen Arbeiterzeiten zu helfen. Was mich insgesamt begeistert hat, war der Zusammenhalt an der Universität. Das gilt vor allem bei der Entwicklung neuer Lehrformate.