Islamdiskussion: Gastfreundschaft als Gegenmittel
Besorgt verfolgt der Türkisch-Islamische Kulturverein in Massiefen die öffentliche Wahrnehmung seiner Religion.
Burscheid. Türkisch-Islamischer Kulturverein in Massiefen, Donnerstagmittag, kurz vor 13 Uhr. Zur Begrüßung gibt es türkischen Tee und Sesamkringel. Das ist nicht ungewöhnlich, Gäste sind hier immer willkommen, schon seit Jahren. Aber inzwischen ist die Gastfreundschaft fast überlebenswichtig. Der Burscheider Verein der Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) will zeigen: „Wir haben nichts zu verstecken.“
Vorstandsmitglied Murat Türksoy sagt das. Und wie zum Beweis holt der 46-Jährige den Kalender des vergangenen Jahres hervor: Mit einem Besuch der Grundschule Dierath im März fängt es an, mit einer achten Klasse der Friedrich-Goetze-Hauptschule im Dezember hört es auf. Dazwischen waren eine weitere Hauptschulklasse und zweimal die Montanusschule zu Gast im Kulturzentrum mit dem islamischen Gebetsraum. Dazu gab es im Juni den Tag der offenen Tür und im September die Beteiligung an der interreligiösen Nacht der offenen Türen und am Interkulturellen Fest.
In der vergangenen Woche hat die Ditib in Köln eine Pressekonferenz gegeben. Von einer wachsenden Zahl an Übergriffen auf Ditib-Moscheen war da die Rede und von einem abnehmenden Vertrauen der Muslime in den Staat und seine Sicherheitsorgane. Auf der einen Seite die islamfeindliche Pegida-Bewegung, auf der anderen Seite die barbarischen Terrorakte der Islamisten, die sich dabei auf den Koran berufen: Viele Muslime beobachten mit zunehmender Sorge, in welches Fahrwasser ihre Religion in der öffentlichen Wahrnehmung gerät.
Konkrete Probleme vor Ort befürchtet der Burscheider Verein im Gegensatz zu der Kölner Ditib nicht. Vor über 30 Jahren wurde er gegründet, seit mehr als zehn Jahren hat er seinen Sitz auf dem ehemaligen Gelände von Schmitz & Schulte in Massiefen. „Und in dieser ganzen Zeit hatten wir noch nie Konflikte“, bilanziert Türksoy.
Aber er sagt auch mit Blick auf die Mörder von Paris und das Verbrennen des jordanischen Piloten: „Was wir in 30 Jahren aufgebaut haben, können die im Bruchteil von Minuten vernichten.“
140 Männer und 43 Frauen zählt der Verein als Mitglieder. Die allermeisten sind Türken, aber es finden sich auch Albaner, Bosnier und Araber darunter. Gemeinsam mit Imam Erdal Sayar (40), seit 2011 und noch bis zum kommenden Jahr in Burscheid, sucht der Verein nach Wegen, sein Bild eines friedlichen Islams zu vermitteln.
Natürlich auch bei den eigenen Kindern. Am Wochenende werden sie von Saydar unterrichtet. Eine Unterstützung durch islamischen Religionsunterricht an den Schulen würde der Verein begrüßen. Befürchtet er die Gefahr einer unbemerkten Radikalisierung der eigenen Jugend? Türksoy glaubt das nicht: „Wir reden ganz offen mit unseren Kindern.“
Aber der Verein sieht sich in der Pflicht, auch öffentlich für ein friedliches Verständnis des Korans einzustehen. „Selbst wenn du im Recht bist, begibst du dich ins Unrecht, wenn du Gewalt anwendest“, sagt der Imam. „Man kann für seine Anliegen mit Demonstrationen eintreten oder vor Gericht, aber nie mit Gewalt“, ergänzt Türksoy. „Dafür leben wir in einem demokratischen Staat.“
Burscheid sei eine kleine Stadt, wie eine Familie, jeder kenne jeden. „Wir gehören hier hin“, sagt Murat Türksoy. „Und wir wollen weiter in Frieden leben.“