Burscheid Jazzmusiker setzt beim Heimspiel auf das rheinische Naturell
Engelbert Wrobel bereitet sich auf seine neue Tournee vor. Sie führt ihn und seine Musikerkollegen nach Dänemark, in die Schweiz und nach Burscheid.
Burscheid. Im Jütland ist es am schwersten. Die Zuhörer sitzen zwar aufmerksam, aber starr auf ihren Stühlen. Die Dänen verziehen keine Miene. Warmer Applaus ist das Höchste der Gefühle. Als Musiker kann man davon durchaus verunsichert werden. „Wir fragten uns, was denn nur los ist. Wir spielen doch wie immer“, erzählt Engelbert Wrobel. Er denkt dabei an seine Konzerte im Burscheider Haus der Kunst und die Reaktionen, die er dort bekommt.
Die Sitzreihen sind immer bis auf den letzten Platz besetzt. Vom ersten Stück an feiert das Publikum den Saxofonisten und Klarinettisten, der hier in der bergischen Heimat wohnt und wirkt. Das ist das „rheinische Naturell“, wie Engelbert Wrobel sagt. Begeisterung werde hier schnell Ausdruck verliehen. Und genau darauf hofft der Musiker, wenn er am Mittwoch, 5. April, wieder in seiner Wahlheimat auftritt. Dieses Konzert ist jedes Jahr aufs Neue ein Risiko. Anders als bei allen anderen Terminen seiner Tour ist Engelbert Wrobel der Veranstalter. Er bereitet den Termin selbst vor mit allem, was man beachten muss. Plakate und Flyer müssen gedruckt werden, es braucht Partner, die den Kartenverkauf regeln, und dann müssen vor Ort noch die Bedingungen stimmen. Bislang hat es immer geklappt. Im Vorjahr beispielsweise war das Jazz-Konzert restlos ausverkauft.
Auf vergangene Erfolge will Engelbert Wrobel sich nicht zurücklehnen. Fatal sei das für die Motivation, für die Leidenschaft am Musizieren. Routine darf nicht einkehren. Der Klarinettist versucht, bei jedem Konzert sich die Neugierde am Live-Spielen zu erhalten.
Zum einen geschieht das durch die Wahl des Veranstaltungsortes. Jütland zum Beispiel sei immer eine tolle Erfahrung, auch wenn das Publikum anders ist, als man es gewohnt sei. „Der Veranstalter sagte uns nach dem Konzert, dass wir das super gemacht hätten“, erzählt Wrobel. In der dänischen Region, die in der Literatur häufig der Tatort eines Verbrechens ist, sei warmer Applaus gleichzusetzen mit frenetischem Jubel und Bravo-Rufen aus dem Rheinland.
Zum anderen setzt sich der Wahl-Burscheider immer andere Schwerpunkte. Dieses Mal ist die Tournee, die in der kommenden Woche beginnt, mit dem Titel „100 Years Original Dixieland Jazz Band“ überschrieben. Der Name sagt, was Programm sein wird: Im Repertoire sind Songs des US-amerikanischen Orchesters „Original Dixieland Jazz Band“, das seine ersten Aufnahmen im Jahr 1917 gemacht hat. Seine Musik war damals ein Novum. Durch das kontrapunktorientierte Spiel unterschieden sich die fünf Musiker von der Ragtime, die zu der Zeit besonders populär war. Für den heutigen Musikgeschmack kommen die Stücke archaisch daher, als ursprünglicher und vielleicht sogar roher Jazz.
Engelbert Wrobel gibt den Songs einen neuen Touch, setzt die Musik in einen Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Unterstützt wird er dabei von Trompeter Duke Heitger, Posaunist Dan Barrett, Pianist Paolo Alderighi, Kontrabassist und Sängerin Niki Parrott und Schlagzeuger Bernard Flegar. Gemeinsam nennen sie sich „International Hot Jazz Quartet + 2“. „Alles Weltklassemusiker“, wie Wrobel betont. Des Öfteren war er bereits mit seinen Musikerkollegen auf Tour. Wie oft, das kann er heute schon gar nicht mehr beziffern. Auf Tour zu sein, sei eine wunderbare Erfahrung, aber auch eine anstrengende Zeit. So muss die Truppe in etwa 750 Kilometer zurücklegen, bis sie Burscheid erreicht. Erst stehen Auftritte in Ascona, Schweiz, an. Von dort aus geht es nach Burscheid und einen Tag später ins besagte ruhige Jütland. Eine Live-CD wird das Souvenir sein — für Musiker und Publikum.