Burscheid Die großen Gefühle kennen keine Barrieren
Inklusives Tanztheater „Lichtgestalten“ sorgten mit ihrem Gastspiel am Sonntag für einen ausverkauften Saal im Jugendzentrum Megafon.
Burscheid. Es ist ein Wechselbad. Mal schwebt der Mensch im Hochgefühl, er lässt sich mitreißen und treiben. Mal fällt er in ein tiefes Loch, weiß nicht mehr weiter, schlägt um sich. Gefühle sind das, was die Mitglieder des Ensembles „Lichtgestalten“ aus Bergisch Gladbach zu verstehen versuchen. Fast alle der 22 Tänzerinnen und Tänzer, die am Sonntag im ausverkauften Saal des Jugendzentrums Megafon auf der Bühne standen, haben eine Behinderung. Sie mag sie in ihrem Alltag einschränken, sie von anderen Menschen unterscheiden. Doch die Gefühlswelt ist das, was sie mit allen anderen eint.
„Impulsion“ hieß das Stück, in dem sich das Ensemble dem Thema näherte. Impulsion bedeutet soviel wie Antrieb und Anstoß. Und das können eben die besagten Gefühle sein. Dass es okay ist, traurig, wütend und fröhlich zu sein, das war die Botschaft. Gemeinsam hatten die jungen Männer und Frauen im Alter von 16 bis 35 Jahren das Thema erarbeitet. Jeder brachte nach seinen Fähigkeiten seine Ideen in das Stück ein.
Es geht um die Freundschaft zweier Frauen. Julia und Moni kennen sich schon lange. Sie tratschen auf der Kirmes über Jungs. Wer denn süß sei und wer für wen schwärmt. Als Moni Julia dabei erwischt, hinter ihrem Rücken Nachrichten über das Handy zu verschicken, kommt es zum Streit. Ein Vertrauensbruch! Die Reise ins Innere beginnt und damit das Wechselbad zwischen Wut, Trauer, Vergebung und der Freude der später wiedererweckten Freundschaft.
Passend zum Namen des Ensembles spielen die „Lichtgestalten“ mit Licht und Schatten. Blaulicht bringt die Neonfarbe, die sich die Künstler ins Gesicht gemalt oder in die Haare geschmiert haben, strahlend zur Geltung.
Es war nicht wichtig, ob die Tänzer synchron waren. Dass sie schon mal neugierig ins Publikum schauten, um ein bekanntes Gesicht zu erspähen, auch das nahm ihnen niemand übel. Die Leitung des Ensembles, Sonja Schumacher, hat da ihre eigene Philosophie: Alle Stücke entstehen und leben aus der Gruppe heraus. Einbringen darf sich jeder nach seinen Möglichkeiten. Wer singen mag, tut es auf der Bühne. Auch ein Mundharmonika-Solo wird eingebaut, wenn sich die Akteure das wünschen. Schreien und toben, alles ist erlaubt.
„Es gibt keine Barrieren, die nicht überwunden werden können“, so Sonja Schumacher. Nicht das Können, sondern das Wollen steht beim Tanztheater „Lichtgestalten“ im Vordergrund. „Wir profitieren alle von der Besonderheit der Einzelnen.“