Hilgen Jürgen Becker spricht Hilgen heilig
Der Kabarettist besuchte am Sonntag mit einer Reisegruppe den Oldtimertreff. Er ist Stammgast.
Burscheid. Die Hitze steht auf dem Asphalt. Die vielen röhrenden Motoren erwärmen die Luft noch mehr. Die Gerüche von Benzin, Abgasen und Bratwurst vermischen sich. Als Fußgänger schaut man lieber vier Mal in jede Richtung, bevor man auf dem Schotterplatz einen Fuß vor dem anderen setzt. Hunderte Fahrzeuge mit zwei oder vier Rädern stehen hier versammelt. Männer in schwarzer Motorradkluft schreien sich schon mal an. Böse ist das nicht gemeint, sie haben von der Fahrt noch Druck auf den Ohren.
Es ist diese Atmosphäre, die einen besonderen Reiz auszuüben scheint. Auch auf den Kabarettisten Jürgen Becker, der zu den Stammgästen des Motorrad- und Oldtimertreffs in Hilgen gehört. Normalerweise fährt er auf dem Motorrad an. Dann ist er einer der vielen, die das gleiche Hobby teilen. Dort steht dann nicht Jürgen Becker, der Kabarettist, den man aus dem Fernsehen kennt und der am liebsten über Politik, Glauben und Fortpflanzung spricht. Reist er mit dem Krad an, ist er Jürgen Becker, gebürtiger Kölner und Motorradfan. Ein Mann mit Schalk im Nacken und einem ehrlichen Witz.
Diesen Sonntag war es anders. Jürgen Becker brachte das größte Gefährt mit zum Oldtimertreff. Mit dem Reisebus jüngeren Baujahrs fuhr er nicht alleine. Im Schlepptau hatte der Kabarettist eine Gruppe von etwa 20 Senioren, die über die Thomas-Morus-Akademie Bensberg etwas dazulernen wollten. Etwas verloren waren ihre Blicke, als die älteren Damen und Herren ausstiegen und sich unter Hunderte Menschen, die einem Ameisenhaufen gleich umher wuselten, wiederfanden.
Im Mittelpunkt der Rundreise standen „heilige Orte“ wie der Altenberger Dom, die Herz-Jesu-Kirche in Bergisch Gladbach und eben der Motorrad- und Oldtimertreff in Hilgen. Wie das zusammenpasste, bedurfte einer Erklärung, die Jürgen Becker nicht schuldig blieb. „Hilgen leitet sich ab von Heilig“, sagte er kurz und knapp.
Für ihn persönlich dürfte an diesem Ort aber mehr dran sein, als eine Namensähnlichkeit. Es lief vor Jahren noch über Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein anderer Motorradfan erzählte dem Kölner, dass sich ein Besuch des Treffs in Hilgen lohnen würde. Da Jürgen Becker zu denen gehört, die solchen Aussagen gerne auch mal auf den Grund gehen, statt sie ungeprüft stehen zu lassen, fuhr er tatsächlich zur Bahnhofstraße, um sich mal umzuschauen. So oft er es terminlich schafft, kommt er seitdem sonntags nach Hilgen. Das Wetter ist ihm dabei ganz egal. Auch im strömenden Regen schwingt er sich aufs Krad. Auch von seinem Unfall, bei dem er sich 2014 gleich mehrere Brüche an Armen und Beinen zuzog, lässt er sich von seinem Hobby nicht abhalten.
Mit welcher Maschine er vorfährt, entscheidet Jürgen Becker jedes Mal aufs Neue. „Ich habe zehn Motorräder. Ich kann doch nicht jeden Sonntag mit dem gleichen kommen.“ Da Krads weder viel Platz einnehmen, noch viel Unterhalt kosten würden, wäre das ja geradezu ideal. Bei seinem letzten Besuch war er mit einem Honda Monkey aus dem Jahr 1967 vor Ort, dem „Äffchen“. „Ein tolles Motorrad“, wie Werner Kubitzki bestätigte. Der Hilgener, den Jürgen Becker seiner Reisegruppe mit dem Titel „Der Heilige Werner“ vorstellte, hatte vor 15 Jahren die Idee zu dem Oldtimertreffen. „Es ist aus einer Bierlaune heraus entstanden. Irgendwann hat es mich überrollt.“
Die Gäste kommen von Nah und Fern, auch Österreicher und Italiener waren schon dabei. Zwischendurch mischen sich Prominente dazwischen wie eben Jürgen Becker oder auch Fernsehkoch Horst Lichter, der am alten Hilgener Bahnhof schon zwei Motorräder gekauft haben soll. Apropos kaufen: Wer mit einem neuen alten Schätzchen zum alten Bahnhof kommt, der muss sich auch mal Sprüche gefallen lassen, wie der Kabarettist erzählte. „Was hast du dir denn für eine Scheiße gekauft?“, heiße es dann. „Man holt sich hier das Lob ab“, sagte Jürgen Becker dazu. „Und eine Wurst mit Brötchen.“