Klavierbauer setzen auf Zusammenarbeit
Zwei Betriebe träumen von Burscheid als dem „Mekka des Klavierbaus mit Anspruch“ in NRW.
Burscheid. Als der BV im Mai 2013 einen Bericht über den Umzug des Witzheldener Klavierbauers Martin Pyschny an die Höhestraße plante, klopfte dieser noch am Tag vor dem Erscheinen bei der Werkstatt seines Burscheider Branchenkollegen Jan Enzenauer im Luisental an. „Er wollte, dass ich die Nachricht aus erster Hand erfahre“, freut sich Enzenauer noch heute über die faire Geste. Mit ihr war der Grundstein für eine ungewöhnliche Kooperation gelegt.
Inzwischen ist Pyschny an der Höhestraße heimisch geworden. Seit März hat er die neuen Räume bezogen, seit vergangener Woche sorgt eine Zinkverkleidung für ein neues Erscheinungsbild der Fassade des Hinterhauses.
In seinem Ausstellungsraum bietet der 47-Jährige neben gebrauchten Instrumenten Klaviere von Rönisch und bald auch Blüthner an. Die beiden Leipziger Betriebe zählen zu den ältesten Klavierfabriken Deutschlands.
Aber auch ein Feurich-Klavier wird angeboten — vertrieben und optimiert von Piano Enzenauer. Pyschny und Enzenauer wollen weg vom Konkurrenzdenken. „Unser Standort in Witzhelden hat eher Werkstattcharakter. Der Verkauf steht dort nicht im Mittelpunkt“, sagt Jan Enzenauers Bruder Michael. Und Pyschny kann seinen Kunden auf diesem Weg einen echten Vergleich anbieten. „Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass ein Instrumentenkauf ähnlich schwer ist wie die Partnersuche.“
Eine kleine, aber feine Qualitätsberatung soll aus der Zusammenarbeit erwachsen, bei der das gewünschte Klangbild und Spielwerk im Mittelpunkt steht und nicht der schnelle Absatz. „Wir wollen Burscheid zum Mekka des nordrhein-westfälischen Klavierbaus mit Anspruch machen“, formuliert Michael Enzenauer mit feinem Lächeln. Ein Anspruch, der sich keineswegs nur auf das obere Preissegment bezieht.
Aber die Kooperation soll nicht auf den Verkauf beschränkt bleiben. Man will sich bei der Ausbildung unterstützen. Und als Pyschny in diesem Sommer im Urlaub war, hat Jan Enzenauer ihn bei vereinbarten Konzertstimmungen vertreten. Vielleicht gibt es eines Tages sogar ein gemeinsames Büro. Jedenfalls wollen die Enzenauer-Brüder sich stärker auf Entwicklung und Produktion verlagern.
Neben der Premium Edition Feurich, bei der Jan Enzenauer die Instrumente veredelt, sollen demnächst auch zusammen mit einem weiteren Kollegen entwickelte Feurich-Flügel in Burscheid entstehen. „Die Prototypen sind schon im Bau.“ Und als drittes Projekt wird an einem eigenständigen Enzenauer-Flügel gearbeitet. Der dazugehörige Gussrahmen soll im Winter gegossen werden.
„Instrumente, die hier gebaut werden, kann ich auch hier präsentieren und verkaufen“, blickt Martin Pyschny pragmatisch auf die Zusammenarbeit mit seinem Kollegen. Perspektivisch wird die Höhestraße der Ort sein, an dem die Meisterinstrumente auch von Meisterhand erklingen — bei eigenen Konzertveranstaltungen. Nach Stühlen dafür muss Pyschny nicht mehr Ausschau halten. Die hat Enzenauer gerade schon gekauft.