Köln: Zeitreise in eine fremde Epoche

Am Wochenende verwandelte sich das Naherholungsgebiet in ein mittelalterliches Heerlager.

Köln. Etwas ungewöhnlich ist es schon, wenn edel gekleidete Freiherrn und Burgfräulein plötzlich in der U-Bahn Platz nehmen und Ritter in voller Rüstung aus dem Auto steigen. "Sind die gefährlich?", will ein kleiner Junge von seiner Mutter wissen. "Nein, die haben sich nur verkleidet, wie du an Karneval", lautet die beruhigende Erklärung.

Während es für die Familie am Fühlinger See zum Strandbad geht, marschieren die Verkleideten zum Spectaculum, wo sich am Wochenende tausende Mittelalter-Fans getroffen haben. Bei vielen ist aus der Ritterrüstung im Laufe der Jahre schon ein ganzer Haushalt geworden.

So auch bei Andreas und Kathrin Kohl, die als die Freiherren von Wieseck mit drei Zelten aus Gießen angereist sind. Sein Volk empfängt das Paar stilecht auf einer selbst gezimmerten Holzsitzgruppe. "Die Sachen füllen mittlerweile einen kompletten Raum im Keller. Zum Glück ist alles zerlegbar und kann so gut transportiert werden", sagt der Freiherr.

Nebenan erklärt Unternehmensberater Bertram Koch Interessierten gerade die Kunst des mittelalterlichen Schwertkampfs. "Angefangen hat alles damit, dass ich selbst auf den Märkten verkleidet unterwegs war und ein Schwert dabei hatte. Irgendwann wollte ich auch wissen, wie man es benutzt", sagt Koch. Im Internet recherchiert er und findet alte Dokumente über die Waffenkunst.

"Diese Waffen wurden früher von Privatleuten getragen, um sich zu schützen. Heute hat man ein Handy und ruft die Polizei, früher musste man das mit dem Schwert selbst erledigen", berichtet der Diplomkaufmann. Gefährlich ist der Sport, den er betreibt nicht. "Wir haben eine moderne Schutzausrüstung, außerdem dürfen nur stumpfe Waffen verwendet werden und der Kampf erfolgt nach einem klaren Regelwerk", betont Koch.

Nicht ganz so leicht haben es die Besucher am sommerlich heißen Samstag, wenn sie in voller Rüstung unterwegs sind. So auch Thomas Irlonbusch aus Köln, der mit Helm, Kettenhemd und weiteren Ausrüstungsteilen etwa 15 Kilo durch die Gegend trägt. "Inzwischen habe ich ein kleines Museum zu Hause", sagt der Verwaltungsangestellte. Ganz billig ist das Hobby allerdings nicht. So kostet alleine das Kettenhemd, das der Kölner trägt schon rund 600 Euro.

Ergänzen können die Ritter ihr Rüstzeug auf dem großen Markt am Seeufer, wo es aber auch Holzschwerter für den kleinen Einsteiger gibt. Für das hungrige und durstige Volk findet sich dort auch mittelalterliche Verpflegung wie Ritterhappen oder Odins Trunk.

"Es ist schön hier einmal den Alltag komplett hinter sich zu lassen und in eine andere Epoche zu schlüpfen", sagt Katharina Jaron, die beim Essen auf Selbstverpflegung setzt und gerade im Heerlager eine Gemüsesuppe über dem offenen Feuer zubereitet. Dabei muss auch mal ein Kompromiss eingegangen werden. "Kartoffeln gab es ja im Mittelalter noch nicht, aber ganz verzichten wollen wir darauf aber nicht", erklärt die Köchin schmunzelnd.