Kirche Einem Bilderschneider auf der Spur

Köln. · Im Museum Schnütgen sind zwei eindrucksvolle Kunstwerke aus dem Mittelalter restauriert worden. Sie bilden den Mittelpunkt einer neuen Sonderausstellung ab April.

Der Georgsaltar stammt aus der Nicolaikirche in Kalkar am Niederrhein.

Foto: step/Eppinger

Normalerweise hat das Relief mit seinem imposanten, aus Eichenholz geschnitzten Relief und den beiden bemalten Altarflügeln seinen Platz in der Nicolaikirche in Kalkar am Niederrhein. Diesen Ort hat das mittelalterliche Kunstwerk verlassen, um im Kölner Museum Schnütgen umfassend restauriert zu werden. Ursprünglich war geplant, nur einzelne Teile aus dem Relief nach Köln zu schicken – nur ließ sich der Altar, anders als erwartet, nicht auseinanderbauen und ist so komplett in die Domstadt gebracht worden.

Der Altar passt kaum
durch die Kirchentür

„Das war ziemlich aufwendig. Der Altar hat kaum durch die Kirchentüren gepasst. Da waren vielleich noch zwei Zentimeter Abstand“, erinnert sich Pastor Alois van Doornick an den Transport. Zehn Altäre und 100 Darstellungen von Heiligen gibt es in seiner an Kunstwerken reichen Kirche. „Der Georgsaltar ist aber das Topstück in der Kirche, das wir natürlich entsprechend vermissen, aber wir sind sehr dankbar, dass wir solche Hilfe bei der Restaurierung bekommen haben. Und im Altar gibt es auch den Bezug zwischen den beiden Städten. Beim Relief geht es um die Georgslegende, wo Kalkar als Stadt abgebildet worden ist. Die Altarflügel behandeln die Hl. Ursula in Köln mit der entsprechenden Skyline. Von Meister Arnt gibt es bei uns in Kalkar noch weitere Werke, einige werden zur Sonderausstellung im Museum Schnütgen noch nach Köln kommen wie die Goldene Madonna.“

Die Restaurierung des Georgsaltars war sehr aufwendig

Wie aufwendig die Restaurierung war, davon berichtet Restauratorin Katharina Liebetrau: „Es ist Jahrzehnte her, dass dieser Altar restauriert und gereinigt worden ist. Jetzt haben wir mehrere 100 Arbeitsstunden gebraucht, um das Kunstwerk im alten Glanz erstrahlen zu lassen.“ Die größte Herausforderung sei die Konservierung der Farbfassungen gewesen. „Die Farbe hat sich an vielen Stellen vom Holz gelöst und musste erst wieder befestigt werden. In einer Kirche herrschen keine Museumsbedingungen, da gibt es immer wieder klimatische Schwankungen.“

Auch die Reinigung hat viel Zeit gekostet: „Da gab es auf dem Relief viele Staubwolken, die sich wie ein Pelz auf die Figuren gelegt hatten. Dazu kamen Weihrauch und Kerzenruß, die auch ihre Spuren hinterlassen haben. Außerdem wurde bei einer früheren Restaurierung eine dünne Wachsschicht aufgetragen, unter der alter Schmutz fixiert war. Auch das haben wir entfernt, weil das die Farben verschoben hat“, berichtet die Expertin.

Bei der Arbeit konnte der Altar noch genauer datiert werden. Auch das Material wurde exakt bestimmt. So stammt der Holzblock des Reliefs von einheimischen Eichen, während die Brettware in der Ermangelung von großen, gerade gewachsenen Eichen aus dem Baltikum importiert worden ist. Alleine ein bis zwei Jahr hat es wohl gedauert, bis Meister Arnt seine Schnitzarbeit beendet hat. Danach kam ein bislang unbekannte Maler für die Farbigkeit des Reliefs – ein weiterer teurer und aufwendiger Arbeitsprozess.

Wie passen die drei Teile
des Reliefs zusammen?

Ein zweites mittelalterliches Kunstwerk von Meister Arnt, das sich im Besitz des Museums befindet, dem Dreikönigenrelief, wurde von Andrea Hünteler restauriert. „Neben dem Erhalt und der Konservierung der Substanz des Reliefs war die Zuordnung von drei zum Relief gehörenden Teilen, die später zugekauft worden sind, eine große Herausforderung. Sie passen, anders als erwartet, nicht an das große Relief. Das liegt zum einen daran, dass die Figuren wahrscheinlich heute eine andere Position im Relief hatten als ursprünglich. Es kann aber auch sein, dass noch ein Teil fehlt. Im Mittelalter war es durchaus üblich, ein Holzstück mit weiteren Holzstreifen zu erweitern, wenn es die dargestellte Szene erfordert hat.“

Das eigentliche Dreikönigenrelief wurde 1993 aus französischem Privatbesitz vom Kölner Museum erworben. Die drei Fragmente wurden dann aus der gleichen Quelle Anfang 2019 gekauft und jetzt aufwendig restauriert. Sie gehören wie das Hauptwerk Meister Arnts zur Museumssammlung und werden wie der geliehene Georgsaltar ein zentraler Bestandteil der großen Sonderausstellung „Arnt der Bilderschneider – Meister der beseelten Skulpturen“, die vom 2. April bis zum 5. Juli im Kölner Museum ihre Pforten für die Besucher öffnet.

Es ist die erste monografische Ausstellung zum Begründer einer reichen Bildschnitzerschule am Niederrhein und nimmt die Betrachter mit in die Zeit des ausgehenden Mittelalters. Gezeigt werden etwa 50 Werke des zwischen 1460 und 1492 tätigen Künstlers. Das spätgotische Werk Meister Arnts besticht durch außerordentliche Lebendigkeit, Themenreichtum und Erzählfreude.