Sie sind vor allem als Filmemacher bekannt. Wie kam es jetzt zur Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus in Düsseldorf?
Bühne Geschichte eines schwachen Menschen
Köln/Düsseldorf · Der Kölner Filmregisseur Jan Bonny, bekannt für Serien wie „King of Stonks“ und Filme wie “Wintermärchen”, hat Klaus Manns „Mephisto – Roman einer Karriere“ gemeinsam mit seinem Co-Autor Jan Eichberg zum Ausgangspunkt für ein eigenes Stück am Düsseldorfer Schauspielhaus gemacht und fragt angesichts der Drohszenarien der Neuen Rechten nach der Rolle von Kunst und Künstlern in einer tief gespaltenen und verunsicherten Republik.
„Man muss sich Mephisto als einen glücklichen Menschen vorstellen“ feiert an diesem Freitag, 18. Oktober, seine Premiere in der Landeshauptstadt. Im kommenden Jahr inszeniert Bonny am Kölner Schauspiel „Götz von Berlichingen“.
Jan Bonny: Mit meinem Bühnenbildner Alex Wissel habe ich am Theater Basel eine recht eigenwillige Bearbeitung von Heiner Müllers „Philoktet“ auf die Bühne gebracht - und in diesem Zusammenhang befassten wir uns dann mit dem „Mephisto“ Text von Klaus Mann. Ein unterhaltsamer Text, der von heute aus betrachtet prophetische Qualität hat, auch wenn er manchmal ein bisschen schlampig geschrieben ist. Aber auch das versuchen wir nachzuempfinden. Im Stück geht es um einen Künstler, der sich bei veränderten gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen völlig opportunistisch gegenüber der Macht verhält. Dieser Künstler ist ausdrücklich an Gustav Gründgens angelehnt, ein gebürtiger Düsseldorfer wie ich und nach dem Krieg Intendant des Düsseldorfer Schauspielhauses.
Hatten Sie schon vorher eine Beziehung zum Schauspielhaus in Ihrer Geburtsstadt?
Bonny: Ich habe dort mit „Romeo und Julia“ mein erstes Stück auf einer großen Bühne gesehen. Mit Bibiana Beglau, mit der ich später bei ein paar Filmen zusammengearbeitet haben. Und 2008 habe ich in Düsseldorf „Macbeth“ gesehen, eines der Theaterstücke, die mich am allermeisten überhaupt beeindruckt haben, auch mehr als die meisten Filme, die ich so gesehen habe. Eine späte, ernsthafte, radikale und völlig leichte Arbeit von Jürgen Gosch.
Wie hat sich Ihre Arbeit am Theater im Vergleich zum Film verändert?
Bonny: Die Arbeit mit den Schauspielern ist am Theater ganz anders. Dort funktioniert alles über die Sprache, der Zugriff von außen muss immer über das Sprechen erfolgen. Die Schauspieler tragen das Stück in sich und nur da verfestigt es sich. Der Film kennt mehr Mittel, aber die Ergebnisse, die Größe der Räume, die man eröffnen kann, ähneln sich. Aber ich muss sagen, ich kratze im Theater erst an der Oberfläche, mein wirklich großartiges Ensemble hat da viel Geduld mit mir.
Wie bringen Sie diese Geschichte jetzt auf die Bühne?
Bonny: Man kann die Geschichte des Romans auf der Bühne nicht einfach nacherzählen, sondern muss einen aktuellen Anlass finden, um sich damit zu beschäftigen. Und keine Sorge, aktuelle Anlässe gibt es genug. Nur dann kommt man zu einer neuen Form, die rechtfertigt, dass man überhaupt ans Theater geht mit so einem Stoff. Sonst könnte es ja einfach beim Roman bleiben. Wahrscheinlich habe ich deshalb bei meiner Inszenierung Fragmente und Figuren aus dem Roman übernommen, und das Ganze versucht, möglichst aufregend und verspielt mit uns selbst und unserer Zeit zusammenzubringen. Es kann sein, dass das Ganze wirkt wie Schülertheater, aber das ist vielleicht auch der einzige Weg mit einer Figur wie Gründgens und dessen Zeit umzugehen.
Wie würden Sie Ihre Hauptfigur Hendrik Höfgen beschreiben?
Bonny: Ach, das überlasse ich dem Zuschauer. Die Leute sollen selbst entscheiden, wen sie da gerade auf der Bühne gesehen haben. Sonst brauchen die ja gar nicht kommen.
Waren Sie als Regisseur schon einmal selbst mit der Entscheidung konfrontiert, sich den gesellschaftlichen Verhältnissen anpassen zu müssen?
Bonny: Naja, man steht auch als Regisseur, als Künstler - als Bürger vor allem - immer vor der Frage, wie man seine eigene Autonomie behaupten kann, wo man sich anpassen muss, welcher Kompromiss vertretbar ist. Wir leben ja in einer Demokratie, natürlich machen wir Kompromisse. Unser „Mephisto“ ist die Geschichte eines schwachen Menschen, so wie wir nun mal alle schwach sind.
Sie leben als gebürtiger Düsseldorfer in Köln und haben dort auch studiert. Wie gehen Sie mit der gerne gepflegten Rivalität zwischen den beiden Städten um?
Bonny: Die Städte sind sich eigentlich sehr ähnlich, im Guten wie im Schlechten, und ergänzen sich als Metropolen im Rheinland sehr gut. Köln ist die junge und lebendige Filmstadt, die tatsächlich zunehmend interessanter und diverser wird. Düsseldorf ist mit der sehr guten Kunstakademie eher die Stadt der bildenden Kunst. Filme habe ich in beiden Städten gedreht. In Köln ist beispielsweise der Kinofilm „Wintermärchen“ entstanden und in Düsseldorf die Netflix-Serie „King of Stonks“. Mein neuer Film „Der Panther“ in der Anthologie „Zeit Verbrechen” bei RTL+ ist in Leverkusen entstanden, eine herrliche, eigenwillige Stadt dazwischen, die gerne übersehen wird. In Köln mache ich nächstes Jahr übrigens mit „Götz von Berlichingen“ auch ein Stück am Schauspiel - die Geschichte eines deutschen Ritters, eines deutschen Mannes, der nicht mehr gebraucht wird. Und das ist ganz sicher ein guter Stoff für die Gegenwart.
Service: „Man muss sich Mephisto als einen glücklichen Menschen vorstellen“ feiert am Freitag, 18. Oktober, seine Premiere im Schauspielhaus Düsseldorf. Weitere Vorstellungen gibt es am 26. Oktober, 2., 10. und 12. November sowie am 5. Dezember. Weitere Infos finden sich unter: