Interview Jeanette Biedermann ist zurück

Köln. · Gerade hat die Musikerin und Schauspielerin ihr neues Album „DNA“ veröffentlicht. Am 8. Februar ist sie zu Gast im Carlswerk Viktoria in Köln.

Nach zehn Jahren Pause nimmt Jeanette Biedermann wieder ihre Solokarriere auf.

Foto: step/Eppinger

Erfolgreich geworden durch eine der beliebtesten deutschen Daily-Soaps, feierte Jeanette Biedermann um die Jahrtausendwende nicht nur als Schauspielerin riesige Erfolge, auch musikalisch holte die damals Anfang Zwanzigjährige zahlreiche Auszeichnungen. Nach einer kreativen Schaffenspause als Solo-Künstlerin kehrt Jeanette Biedermann nach zehn Jahren mit neuen Songs zurück und geht ab Januar 2020 mit ihrem Album „DNA“ auf große Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Am 8, Februar ist Biedermann mit den neuen Songs zu Gast im Carlswerk Viktoria an der Schanzenstraße in Mülheim.

Das neue Album hat den Titel „DNA“ - wie kam es dazu?

Jeanette Biedermann: Wenn man nach dem Titel für ein neues Album sucht, ist man mitten drin in der Produktion und hat das Ziel bereits in Sicht. Da fällt es oft schwer, seine gesamte Welt in ein oder zwei Worte zu packen. Mir fiel plötzlich „Das neue Album“ als Titel ein und die Abkürzung DNA war erstaunlich. Ich wusste sofort, das ist es, das ist meine musikalische DNA. Überrascht war ich dann nur, dass die Backstreet Boys ausgerechnet auch diesen Titel für ihr Album gewählt hatten. Aber jeder hat ja seine ganz eigene DNA und so sind wir bei dem Titel geblieben.

Wie persönlich ist das Album?

Biedermann: Das ist sicher mein bislang persönlichstes Album geworden. Ich hatte das Gefühl, sagen zu müssen, was mir alles bedeutet. Die Songs sind in einer Situation entstanden, die sehr emotional und tief für mich war und noch immer ist.

Wie kam es zum Wechsel von englischen zu deutschen Texten?

Biedermann: Die Frage nach der Sprache hat sich für mich bei meinem Soloalbum nicht gestellt. Ich habe ja mit dem Trio Ewig neun Jahre lange deutschsprachige Musik gemacht. Aktuell liegt das Projekt auf Eis, da unser dritter Mann inzwischen zweifacher Papa geworden ist und bis auf Weiteres nur für seine Familie da sein will. Für mich und Jörg ergab sich daraus ein sehr tiefes Loch, eine Ära war zu Ende gegangen. Jeder hat sich beruflich zurückgezogen. Ich habe selbst Theater gespielt, aber die Sehnsucht nach Musik war weiter da. Und irgendwann habe ich begonnen, neue Songs zu schreiben und es war, wie wenn sich eine Blockade aufgelöst hätte. Das war eine sehr produktive Phase, die vor drei Jahren begonnen hat.

Wie hat Ihr Mann darauf reagiert?

Biedermann: Jörg war sofort Feuer und Flamme. Die Leidenschaft war bei uns neu für die Musik entfacht und die Traurigkeit über das vorläufige Ende von Ewig war überwunden.

Was haben Sie im Vergleich zur früheren Solokarriere verändert?

Biedermann: Ich achte mehr auf meine Auszeiten und mute mir keine Doppelbelastung wie damals das Drehen für die Serie und die Arbeit an neuen Songs mehr zu. Entweder mache ich das eine oder das andere. Ich will offener und ehrlicher zu mir sein. Ich sitze hier so, wie ich bin, das macht vieles leichter.

Ein Song trägt den Titel „Mutterstadt“. Wie wichtig ist Ihnen die Heimat?

Biedermann: Mutterstadt ist für mich die Basis, der Ort, an dem die Leute sind, die man liebt. So eine Basis ist wichtig, um sich frei fühlen zu können.

Ihre Eltern sind aus der DDR über die Botschaft in Prag in den Westen geflohen. Welche Erinnerungen habe Sie noch daran?

Biedermann: Was das damals wirklich bedeutet hat, konnte ich erst erfassen, als ich älter war. Bei der Flucht war ich damals ja gerade mal neun Jahre alt. Ich bin stolz, dass meine Eltern Teil der friedlichen Revolution in der DDR waren. Das hat auch mich mutig und stark gemacht. Es hat mir gezeigt, was im Leben wirklich wichtig ist. Damals war ein Tagesausflug nach Prag angekündigt worden. Mehr konnten mir meine Eltern ja nicht sagen, damit ich mich nicht verplappere. Trotzdem hatte ich damals ganz intuitiv eine Tasche gepackt, mit allem was mir wichtig war.

Wann haben Sie es dann erfahren?

Biedermann: Kurz bevor wir die Botschaft in Prag betreten haben. Da war es extrem voll zu dem Zeitpunkt, als wir angekommen sind. Die Situation war damals noch sehr gefährlich und bedrohlich.

Es ist heute für Jugendliche nur schwer vorstellbar, was damals passiert ist.

Biedermann: Aber es ist an uns, diese Geschichten weiterzuerzählen, nur so kann das Erlebte in der kommenden Generation weiterleben. Unsere Großetlern haben uns ja auch die Geschichten vom Krieg erzählt, den sie erlebt haben. Das war wichtig für mich, ich hätte mir nicht vorstellen, dass es jemand wie Hitler gegeben hat. Das ist Teil des Songs „Deine Geschichte“. Es geht darum, wie mir mein inzwischen verstorbener Vater seine Geschichten erzählt hat, die ich immer geliebt habe und die mir jetzt fehlen. Ich denke oft ein mein erstes Konzert, das war Tina Turner in der Waldbühne. Da ist es meinem Vater die ganze Zeit nur darum gegangen, ob es mir auch gefällt.

Wie hat Ihre Mutter auf das Lied reagiert?

Biedermann: Danach haben wir beide erst mal geheult. Aber meine Mutter hat mir gesagt, damit hast Du mir Vater wieder näher gebracht.

Welche Beziehung haben Sie zu Köln?

Biedermann: Während „Top of the Pops“ und Viva habe ich fast in Köln gewohnt. So oft war ich da. Ich mag den Dialekt vom Röggelchen und kölsch, das war oft das Einzige, was ich noch zu Hause vorrätig hatte (lacht).

Was erwartet die Fans bei der Tour?

Biedermann: Das Album steht ganz klar im Mittelpunkt. Es ist spannend, mit den Fans, die mich teilweise seit 20 Jahren begleiten. Es sind aber auch viele neue Leute dazugekommen. Es wird so auch Ewig-Songs, Stücke aus „Sing my Song“ und natürlich auch „Rock my Life“ geben. Es wird ein sehr persönliches Konzert werden, das neue Erinnerungen schaffen wird. Und meine Fans können mit mir auf eine Zeitreise gehen.