Sie sind Mutter geworden. Wie hat die Geburt Ihrer Tochter Ihr Leben verändert?
Interview „Mit 40 wird man eckiger“
Köln · Annett Louisan hat gerade ihr Doppelalbum „Kleine Große Liebe“ veröffentlicht. Am 17. November kommt die Sängerin zum Konzert ins Kölner Palladium.
Nachts in Kapstadt, als Annett Louisan auf der provisorischen Bühne der Fernsehsendung „Sing meinen Song“ die erste Skizze der damals gerade entstehenden Songs performte, war klar, dass „Kleine große Liebe“ ein autobiografisches Album werden würde. Bis zu diesem Abend in Südafrika hatte Annett Louisan zig Gold- und Platinauszeichnungen erhalten, und weit mehr als 1,5 Millionen CDs verkauft. Ebenso viele Menschen hatten ihr auf ihren Tourneen zugehört.
Aber Annett Louisan wollte jetzt noch einen Schritt weitergehen, sich nicht weiterhin in ihrer gelernten Rolle gefallen, und etwas Neues wagen. Weniger mit Charakteren und Figuren kokettieren, weniger die Grauzonen zwischen „ich“ und der jeweiligen „Rolle“ ausleuchten, aber dafür mehr Wahrheit, mehr Wahrhaftigkeit wagen. Es ging um den berühmten nächsten Schritt. „Was soll ich tun, mit der Zeit, die vor mir liegt? Will ich Verantwortung übernehmen? Wo soll ich hin mit meiner ganzen Liebe? Mit meiner kleinen und mit meiner großen Liebe. Mit meiner „Kleinen großen Liebe‘“. Über Kurz oder Lang kommen diese Fragen. Auf Annett zu. Vielleicht auf jeden zu. Und im schönsten Fall lösen sich diese Fragen im Dialog zwischen der Künstlerin und ihrem Publikum auf.
Annett Louisan: Das war das Beste, was mir in meinem Leben passieren konnte. Für mich war es der perfekte Zeitpunkt, um Mutter zu werden. Ich hatte keinen beruflichen Stress und keine Angst, etwas zu verpassen. Ich konnte ein Jahr lang nur Mutter sein. Für mich ist meine Tochter ein absolutes Wunschkind.
Das Doppelalbum ist vor und nach der Geburt entstanden.
Louisan: Es ist zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem ich überraschend Mutter geworden bin. Es ist für mich die Mitte des Lebens – ein Zeitpunkt, an dem man zurückschaut, und an dem man überlegt, wo man wirklich hin will. Da blickt man ganz anders auf die alten und die neuen Songs, die gerade entstehen.
In einem Interview haben Sie gesagt „mit 40 wird man ein Kauz“. Was hat es damit auf sich?
Louisan: Mit 40 wird man eckiger und ist nicht mehr so gefällig. Man hat gelernt, was gut für einen ist und was nicht. Das gilt für das Privatleben genauso wie für die Kunst. Man muss Verantwortung für das übernehmen, was man macht. Ich sehe das als Reifeprozess. Das gilt auch für den eigenen Anteil an den Songs. Es ist nicht mehr so einfach, für mich Songs zu schreiben. Die Stücke auf dem neuen Album sind daher auch sehr persönlich geworden. Es geht um Stärken und Schwächen, und darum was ich wirklich im Leben brauche. Je näher man sich selbst ist, umso näher ist man auch seinem Publikum.
Wie haben Sie sich verändert?
Louisan: Ich bin geduldiger geworden und lasse mich, nach dem Schönen, was mit der Geburt meiner Tochter passiert ist, auch nicht mehr so leicht stressen. Es ist so, als ob man gerade den Staffelstab übergeben hätte. Mir ist es wichtig, mit Würde älter zu werden. Und ich möchte gerne mit meiner Musik alt werden.
Sie haben etwa 50 Konzerte vor sich, wie schaffen Sie das als Sängerin und Mutter?
Louisan: Ich bin das gewohnt, weil ich in erster Linie eine Live-Künstlerin bin. Ich denke immer daran, wie ein Song auf der Bühne wirkt und wie er dort umgesetzt werden kann. Mir ist die Nähe zu meinem Publikum sehr wichtig. Meine Tochter nehme ich immer mit. Ohne sie unterwegs zu sein, würde ich nicht aushalten. Sie ist ein echtes Reisekind, schon sechs Wochen nach der Geburt sind wir gemeinsam an die Côte d‘Azur gefahren. Ich möchte mit ihr leben und ihr ein gutes Vorbild sein.
Was würden Sie sagen, wenn sie später selbst einmal Musikerin werden möchte?
Louisan: Das darf sie gerne tun, muss sie aber nicht. Sie fängt bereits an, zu singen, und lernt so das Sprechen. Sie mag Kinderlieder, gerade ist „Heidi“ angesagt. Wie singen eigentlich den ganzen Tag bzw. wir besingen den Tag. Das bringt gute Laune und durch die Melodien lernt man auch das Sprechen leichter. Meine eigenen Lieder sind ihr noch nicht so vertraut, aber wenn sie diese im Radio hört, weiß sie sofort, das ist die Mama. Ich nehme mir von jeder Tour eine Kaffeetasse aus dem Merchandise-Sortiment als Erinnerung mit. Meine Tochter wundert sich dann, wie die Mama auf eine Tasse kommt.
Wie groß ist der Erfolgsdruck bei Ihnen?
Louisan: Ich bin entspannter geworden und lasse mich nicht mehr so hetzen. Die letzten Jahre waren Jahre der Entschleunigung für mich. Ich kümmere mehr um die Musik als um das Drumherum. Für mich ist es eine große Anerkennung, dass die Fans immer noch in Scharen zu den Konzerten kommen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Was erwartet die Fans beim Konzert im Palladium?
Louisan: Neues und Vertrautes. Ich habe das große Glück, dass von mir nicht erwartet wird, dass ich vor allem die alten Hits singe. Ich kann die Songs meines neuen Albums präsentieren. Natürlich sind auch ein paar alte Stücke dabei. Ab und zu gibt es bei der Tour auch noch ganz neues, unveröffentlichtes Material. Ich bin auch gespannt auf das Palladium, dort war ich noch nie. Ich habe im Gürzenich und im Alten Wartesaal begonnen und bin auch schon in der Arena und der Philharmonie aufgetreten.
Welche Beziehung haben Sie zu Köln?
Louisan: Ich genieße es, in der Stadt zu sein, weil ich die Mentalität der Kölner mag. Das sind sehr aufgeschlossene, freundliche Menschen, die zu mir ins Konzert kommen. Köln ist für mich immer eine tolles Publikum. Die Stadt selbst kenne ich aber eher wie eine Touristin mit dem Dom, der Altstadt und den beiden Rheinufern.
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