Wie feiern Sie Weihnachten?
Interview Neuer Schwung für alte Operette
Bonn/Köln. · Im Malentes Theater Palast steht Bill Mockridge als Kaiser Franz-Joseph im Singspiel „Im weissen Rössl“ auf der Bühne.
Noch bis zum 28. Februar steht Bill Mockridge beim Singspiel „Im weissen Rössl“ auf der Bühne von Malentes Theater Palast in Bad Godesberg. Bekannt wurde der Schauspieler durch seine Rolle als Erich Schiller in der „Lindenstraße“ und durch sein Bonner Springmaus-Theater.
Bill Mockridge: Am 23. Dezember kommen alle zu uns nach Bonn. Ich mache mit den sechs Jungs immer was Besonderes. So haben wir zum Beispiel schon mal Bogenschießen ausprobiert. In diesem Jahr geht es in einen Escape-Room und dann schauen wir, wer am schnellsten durchkommt. Luke ist ganz verrückt danach. An Heiligabend holen wir dann zusammen den Baum und schmücken ihn.
Wie wird bei Ihnen Weihnachten gefeiert – kanadisch, italienisch oder deutsch?
Mockridge: An Heiligabend kommt das Christkind und bringt einen Teil der Geschenke. In der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag kommt dann Santa Claus durch den Kamin, den wir offen lassen, und bringt den Rest. Natürlich halten wir Kakao und Kekse für ihn und Zuckerstückchen für die Rentiere bereit. Und natürlich ist der Keks am nächsten Morgen auch angebissen. Die Geschenke zu beiden Ereignissen passen zusammen, so gibt es an Heiligabend den ersten Band eines Buches und am Weihnachtsmorgen den zweiten.
Gibt es so etwas wie Weihnachtsrituale bei der Familie Mockridge?
Mockridge: Ja zum Beispiel das Bethlehem-Dinner. Wir haben uns überlegt, was Maria und Josef in der Heiligen Nacht theoretisch gegessen haben könnten. Die Jungs haben Fritten und Cola vermutet, aber das kommt wohl nicht so ganz hin. So gibt es jetzt Nüsse, Oliven, Fladenbrot und vieles mehr. Das ist immer ein tolles Essen. Wenn wir am Baum die echten Kerzen anzünden, machen wir das Licht aus und jeder sucht sich seine Kerze aus. Und der, dessen Kerze brennt, hat am Ende gewonnen. Es ist eine besondere Stimmung, wenn immer mehr Kerzen ausgehen und der Raum dunkler wird. Und beim Gewinner sind wir uns sicher, dass er im kommenden Jahr besonders viel Glück hat.
Sie haben aktuell als Kaiser Franz-Joseph einen langen weißen Bart. Da bietet sich die Nikolausrolle fast an.
Mockridge: Ja, die habe ich in Lukes Fernsehsendung auch übernommen.
Was macht für Sie die Kaiserrolle reizvoll?
Mockridge: Da ist zuerst die Sympathie für die Betreiber des Theaterpalastes. Ich habe Knut und Dirk vor anderthalb Jahren kennengelernt und war von der Idee begeistert ein Spiegelzelt als festen Standort für ein Theater zu etablieren. In diesen Zelten gibt es eine einzigartige Atmosphäre. Und als Theatermacher muss man auch andere Kollegen in der Stadt unterstützen. Die Idee selbst als gebürtiger Kanadier in die Rolle eines österreichischen Kaisers zu schlüpfen erschien mir zunächst als etwas abwegig.
Sie haben sich dann doch überzeugen lassen.
Mockridge: Meine Schwiegermutter ist eine gebürtige Gräfin Kinsky. Sie selbst hat den Kaiser nicht persönlich gekannt, aber ihre Eltern sind an seinem Hof ein und aus gegangen. So hat sie mir viel von ihm erzählt, was mir für seine Rolle sehr geholfen hat. Die Show selbst fand meine Schwiegermutter überzeugend, aber einige Tipps, wie man es noch besser machen könnte, gab es dann doch.
Und welche waren das?
Mockridge: Ich stehe auf der Bühne an der Seite, wo es das beste Licht gibt. Der Kaiser stand aber immer exakt in der Mitte. Auch mein Standartsatz „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ entspricht nicht der kaiserlichen Art zu sprechen. Er hat geredet wie ein Buch und hat sehr lange Sätze bevorzugt. Aufgeregt hat er sich, dass der Hochadel zu viel Französisch redet, doch ausgedrückt hat er das selbst wieder mit französischen Worten. Insgesamt haben mir solche Tipps geholfen, ein Gefühl für diesen Mann zu bekommen, der wegen der vielen Schicksalsschläge eine wirklich tragische Figur war.
Welche Rolle spielt der Kaiser im Singspiel?
Mockridge: Eine ganz zentrale. Er ist wie ein Katalysator im Stück. So liebt die Wirtin im weissen Rössl den vornehmen Rechtsanwalt und ignoriert die Liebe ihres Kellners. Da bringt sie der Kaiser auf den richtigen Weg.
Was ist bei der Inszenierung anders als bislang?
Mockridge: Das Ganze wird mit einem Augenzwinkern frech und entstaubt auf die Bühne gebracht. Das Geschehen wird Postkarten-artig in Szene gesetzt. Es erinnert an die Posen und Attitüden der Leute auf alten Postkarten. Das Stück ist flott und mit viel Tempo inszeniert. Und trotzdem wird die Qualität des Spielens ernst genommen. Jedes Liebespaar überzeugt und ist glaubwürdig in seinen Gefühlen.
Welche Beziehung haben Sie zur Operette?
Mockridge: Eigentlich gar keine. Ich mag die Oper und ich liebe das Musical. Die Operette ist ein eher sehr oberflächliches Genre und ein Stück deutscher und österreichischer Unterhaltungskultur. In der Art, wie es bei uns in Szene gesetzt wird, hat es mich aber überzeugt.
Die Lindenstraße wird eingestellt. Sind Sie als Erich Schiller noch gerade rechtzeitig ausgestiegen?
Mockridge: Die Lindenstraße ist wie das Traumschiff oder die Schwarzwaldklinik ein Stück deutsche Fernsehgeschichte und hat so ihre kulturhistorische Bedeutung. Ich selbst wurde eher ausgestiegen, obwohl ich noch gerne weitergemacht hätte. Ich habe lange dafür gekämpft, um in der Serie bleiben zu können. Aber das war so nicht vorgesehen. Interessant war, dass der Tod der Fantasiefigur Erich Schiller überall die Titelseiten der Zeitungen erreicht hat. Ob mir das als reelle Person auch mal so geht, würde ich bezweifeln. Die Serie ist toll, aber irgendwann sind Erzählweisen überholt und vorbei. Dieser Mikrokosmos der Lindenstraße ist in Zeiten von Netflix oder Amazon-Prime nicht mehr zu Halten. Das haben auch die schlechter werdenden Quoten gezeigt. Das wird jetzt noch einmal ein tolles Lindenstraßen-Jahr werden und ich bin sehr gespannt, wie das Ganze zu Ende gehen wird.
Service: „Das weisse Rössl“ von Regisseur Hardy Rudolz läuft noch bis zum 28. Februar in Malentes Theater Palast in Bonn-Bad Godesberg. Die Rolle des Kaisers übernimmt Bill Mockridge abwechselend mit Walter Ullrich. Karten gibt es unter Telefon 0228/42222230 (Mo-Sa 12-18 Uhr). Mit ihrem gemeinsamen Programm kommen Bill Mockridge und seine Frau Margie Kinsky „Hurra wir lieben noch“ am 9. März um 19.30 Uhr in die Volksbühne am Rudolfplatz an der Aachener Straße 5 in Köln.