Stadtentwicklung Neues Leben für alte Industriebrache
Köln · Wer das alte Gießereigelände der Klöckner-Humboldt-Deutz KG im Mülheimer Süden betritt, fühlt sich wie in eine Filmkulisse hineinversetzt, die an alte 80er-Jahre Ruhrpottkrimis im Stil von „Schimanski“ erinnern.
Viele der Gebäude sind deutlich vom Verfall gezeichnet. Zerbrochene Scheiben, bröckelnde Mauern, rostige Stahlrohre und jede Menge Moos und anderes Grünzeug, das sich seinen Platz auf dem früheren Industriegelände zurückerobert, bestimmen die Szenerie genauso wie unzählige Graffitis und reichlich Müll. Das sind die Spuren vieler Technopartys und anderer Festivitäten auf dem videoüberwachten Gelände, dass in seinem jetzigen, maroden Zustand eigentlich nicht öffentlich zugänglich ist.
Erbaut wurde das Gießereigelände an der Deutz-Mülheimer-Straße ab dem Jahr 1864. 2002 wurde der Standort von der heutigen Deutz AG aufgeben und die Produktion nach Porz verlagert. Danach begann der lange Dornröschenschlaf des 4,5 Hektar großen Geländes, das an den Mülheimer Hafen angrenzt. Nun soll auf dem Areal neues Leben entstehen. Ziel der Stadt ist es, dort ein neues Wohn- und Kulturquartier zu errichten, zu dem auch kostenlose Kulturangebote und Bildungseinrichtungen gehören. Doch der Weg dorthin ist noch lang.
Zunächst muss ein Investor gefunden werden, dessen Projekt den Vorgaben der Stadtverwaltung entspricht. „Das Gelände hier ist ein Standort der Industriekultur, den es zu erhalten gilt. Wir wollen das an jeder Ecke des neuen Quartiers spürbar machen. Außerdem ist uns eine Planung, die sich am Gemeinwohl orientiert, wichtig. Die Räume hier sollen niederschwellig erfahrbar und so öffentlich zugänglich bleiben“, sagt Baudezernent Markus Greitemann auch mit Blick auf die künftige kulturelle Nutzung.
Einige Gebäude auf dem Gelände sind denkmalgeschützt. Dazu gehört zum Beispiel die Möhringhalle. Diese wurde 1902 zum Teil in Köln wieder errichtet, nachdem sie ursprünglich für die Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung in Düsseldorf gebaut wurde. Sie soll zu einem zentralen Baustein für die Entwicklung des Quartiers werden und zum Beispiel für Veranstaltungen und andere Kulturevents zur Verfügung stehen. Die Wahrnehmbarkeit des Gebäudes als Teil der Silhouette vom Auenweg her wird im weiteren Verfahren angestrebt.
Andere Gebäude auf dem Gelände werden als erhaltenswert betrachtet, stehen aber nicht unter Denkmalschutz. Hier muss im Einzelnen untersucht werden, ob und wie diese ins künftige Quartier überführt werden. Erhalten werden sollen auch industrielle Einrichtung wie die Kranbahn in den denkmalgeschützten Bogenhallen ganz im Norden des Geländes. Dort wo heute das Gebäude 31 steht, stand ursprünglich das Wohnhaus von Daimler und Maybach. Später wurde dann eine siebenschiffige Halle errichtet. Künftig sollen die Hallen geöffnet werden und ein Bindeglied zwischen dem Lindgens-Areal im Norden sowie dem geplanten Quartiersplatz im Süden des Otto-Langen-Quartiers bilden.
Wenn planmäßig im kommenden Jahr mittels einer Jury ein passender Investor bzw. ein Konsortium gefunden ist, das die Neugestaltung des Quartiers gemäß den Anforderungen der Stadt plant, dauert es noch einmal zweieinhalb Jahre, bis ein Bebauungsplan erstellt wird. In diesem muss der Umgang mit den vielen denkmalgeschützten Dächern, Giebel, Wänden und anderen Industriestrukturen bis ins letzte Detail festgehalten werden. Erst danach können die eigentlichen, umfangreichen Arbeiten für das neue Stadtquartier beginnen.
Genutzt wurde ein Bereich des Geländes, das zu einem kleinen Teil der Stadt und zu einem größeren Teil der landeseigenen NRW Urban gehört, vom Künstlerkollektiv „Raum 13“, das im vergangenen Jahr vom damaligen Besitzer vor die Tür gesetzt worden ist. Die Kulturschaffenden hatten die erste Gasmotorenfabrik der Welt in das „Deutzer Zentralwerk der schönen Künste“ verwandelt. Gerne würden die Künstler schnellstmöglich auf ihr angestammtes Areal zurückkehren. Verwaltung und Stadtrat unterstützen die Pläne des Kollektivs, deren Umsetzung aber noch andauern könnte. Man sei in einem guten Austausch und konstruktiven Gesprächen, heißt es von der Stadt.