Wie ist die Idee zur c/o pop xoxo entstanden?
Interview „Nur gemeinsam kann man in der Corona-Krise gute Lösungen finden“
Köln · Als Festival vor Ort musste die c/o pop in diesem Jahr leider ausfallen. Am Donnerstag startet jetzt die digitale Version mit Konzertmitschnitten, besonderen Aktionen mit den Bands sowie Diskussionen rund um die Popkultur.
Das digitale Festival läuft insgesamt vier Tage. Wir sprachen vorab mit dem Geschäftsführer des c/o pop-Festivals, Norbert Oberhaus.
Norbert Oberhaus: Wir mussten im April wegen der Pandemie das c/o-pop-Festival absagen, wollten es aber ein halbes Jahr später nachholen. Das war leider nicht möglich. So entstand die Idee zum digitalen Festival, das im Internet gestreamt wird. Das war schließlich deutlich komplizierter, als wir uns das ursprünglich vorgestellt hatten. Insgesamt sind 80 Bands jetzt beim Festival dabei – bis zuletzt hatten wir noch gehofft, dass wir einige der Konzerte mit Publikum aufzeichnen können, um zumindest etwas Festivalatmosphäre zu haben. Aber auch das hat wegen der Pandemie nicht funktioniert. Jetzt sind wir erleichtert und froh, dass es das Festival in der digitalen Form geben wird. Zugleich sind wir aber auch betrübt, da wir aufs Publikum komplett verzichten mussten.
Was erwartet die Zuschauer im Internet?
Oberhaus: Es wird Konzertmitschnitte geben, die wir vorab produziert haben. Es gibt aber auch speziellere Formate, in denen wir Bands anders den Fans präsentieren. Wir waren zum Beispiel mit Bands gemeinsam kochen, waren im Hochseilgarten unterwegs und haben das Papageienpark in Bochum besucht. Dazu kommen 40 Talks, Diskussionen und Panels zum Thema Popkultur. Da ist dann eine Art von Popkultur-Fernsehen.
Was für Bands sind am Start?
Oberhaus: Hier haben wir wie immer eine gute Mischung aus Newcomern wie Ätna, Catt Jungstötter und etablierten Künstlern wie zum Beispiel Meute, Leoniden und Patrice. Wichtig ist für uns vor allem, neue Bands zu präsentieren, das ist ein ganz wesentlicher Auftrag der c/o pop.
Was waren die größten Herausforderungen beim neuen, digitalen Format?
Oberhaus: Es gibt 1000 Arten, Streamings zu machen, da muss man erst einmal ein für unsere Inhalte passendes Konzept entwerfen, das spannend und interessant für die Nutzer ist. Beim ersten Lockdown war das alles groß angesagt, im Sommer hat dann die Begeisterung dafür deutlich nachgelassen. Da müssen wir unserem Publikum schon etwas Besonderes anbieten, sonst funktioniert es nicht. Schwierig ist auch die Rechtefrage im Internet, da braucht es absolut wasserdichte Verträge. Dazu kommt, dass Musikfernsehen für uns ein ganz neues Gewerk ist, für das man dann auch das entsprechende neue Personal benötigt. Auch der Zeitdruck war groß, denn die zweite Welle der Pandemie kam deutlich schneller als gedacht.
Wie sieht es mit dem Festival für das kommende Jahr aus
Oberhaus: Das wird sehr kompliziert für uns alle. Geplant ist das Festival für den April 2021 und jetzt eine Prognose für ein halbes Jahr im Voraus aufzustellen, ist extrem schwierig. Es wird wohl eine Mischung zwischen digitalen Inhalten und Veranstaltungen vor Ort geben. Unser Ziel ist es dabei, so viel Liveveranstaltungen wie möglich hinzubekommen. Das ist das, was wir am besten können. Aber man muss zweigleisig denken und immer einen Plan B in der Tasche haben. Wichtig ist für uns die Förderung vom Bund, ohne die auch dieses neue Projekt jetzt nicht möglich gewesen wäre. Sorgen bereitet uns auch das, was gerade in der Kölner Klubszene passiert. Da werden wohl einige Klubs den Winter nicht überleben. Dabei sind wir auf Partner und Livespielstätten angewiesen.
Reicht die Unterstützung von Staat und Stadt aus, um die Klubszene zu retten?
Oberhaus: Bund, Land und Stadt sind sehr bemüht, um uns zu helfen. Aber die rechtlichen Freiräume sind hier sehr eng und binden auch der Stadt bei Fördermitteln oft die Hände. Was wir uns wünschen würden, wäre eine deutlich schnellere und transparentere Kommunikation. Kritisch sehen wir auch die Reduzierung des Publikums auf 20 Prozent der Kapazitäten der Veranstaltungsorte. Das kommt einem Lockdown für die Kulturszene gleich.
Wie geht es der Kölner Klubszene im Moment?
Oberhaus: Aktuell ist da alles noch geschlossen. Die Klubs waren die ersten, die schließen mussten, und sie werden die letzten sein, die wiedereröffnen können. Positiv ist der Zusammenhalt und die Solidarität in der Branche. Diese ist über die Klubkomm seit zehn Jahren gut organisiert und hat es geschafft, sich auch nach außen bemerkbar zu machen. Nur so waren der erste und der zweite Hilfsfonds für die Klubs in Köln möglich. So konnte beim ersten Lockdown die Katastrophe abgewendet werden und jetzt könnte der zweite Hilfsfonds die Livespielstätten zumindest über den Winter bringen. Da haben wir in Köln etwas geschaffen, dass vorbildhaft für ganz Deutschland ist. Denn nur gemeinsam gelingt es uns, in der Krise gute Lösungen zu finden und umzusetzen. Das ist umso wichtiger, wenn man sich bewusst macht, wie groß die Wertschöpfungskette der Branche ist und wie viele Menschen von dieser in ihrer Existenz abhängen.
Was macht Ihnen derzeit die größten Hoffnungen und was die größten Sorgen?
Oberhaus: Beim ersten Lockdown ist es uns in Deutschland gelungen, parteiübergreifend und über die Grenzen der Bundesländer hinweg gemeinsame und gute Lösungen zu finden. Jetzt sind wir wieder mitten im Streit der Parteien und Bundesländer. So werden wichtige Entscheidungen verschoben oder verwässert. Bei den Menschen gibt es dafür nur wenig Verständnis und der Frust wächst deutlich. Das macht mir große Sorgen. Hoffnung macht mir dagegen, dass Menschen aus unserer Branche jetzt in der Krise über sich hinauswachsen, um zu kämpfen und um sich bemerkbar zu machen. Auch die konstruktiven Gespräche, die wir mit der Politik und Verwaltung geführt haben, stimmen mich optimistisch.
Weitere Infos zum Festival gibt es unter:
www.c-o-pop.de