Geschichte Römischer Turm wird rekonstruiert
Köln · Lange vermittelte das alte Mauerwerk am Mühlenbach einen ziemlich traurigen Eindruck. Während die Mauer selbst immer mehr dem Verfall preisgegeben war, sammelte sich auf dem Platz davor Müll und Unrat.
Nur wenigen Passanten war bewusst, welches bedeutende Stück Stadtgeschichte sie gerade vor Augen haben. Dies soll sich nun schon bald ändern. Dafür sorgt der Förderverein Römische Stadtmauer mit seiner Vorsitzenden, der früheren Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner.
Mit einer Länge von 76 Metern ist das Gemäuer am Mühlenbach das längste, erhaltene Stück der römischen Stadtmauer in Köln. Diese erstreckte sich in der Antike über 4000 Meter um den damaligen Stadtkern. In weiteres großes Teilstück befindet sich zum Beispiel am Zeughaus mit seiner Alten Wache, dem bisherigen Sitz des Stadtmuseums. Auch das Nordtor vor dem Dom war genauso wie der Römerturm Teil der mächtigen antiken Stadtmauer.
Am Mühlenbach will man nach den Plänen des Architekten Kaspar Kraemer aus dem teils verfallenen Mauerwerk ein neues Schmuckstück inklusive einer gepflegten Grünanlage – einem „römischen Garten“ - werden soll. Geplant ist zudem den durch Grabungen, als Fundament nachgewiesenen Turm der Stadtmauer an seiner angestammten Stelle zu rekonstruieren. „Mein Wunsch wäre, dass es oben auf dem Turm eine Plattform gibt, auf der mit Schildern ein Lernort für die Kölner Stadtgeschichte entsteht“, sagt Schock-Werner.
Die Mauer selbst soll restauriert und statisch ertüchtigt werden. „Das wird für uns zu einer Herausforderung, da der Untergrund der Mauer in einem schlechteren Zustand ist, als wir das ursprünglich vermutet haben. Da gibt es viele Löcher. Wir werden jetzt in den kommenden Monaten zunächst ein Teilstück der Mauer als Probeachse vom Grund bis zur Spitze fertigstellen. Danach können wir auch eine belastbare Kostenrechnung für die gesamte Mauer aufstellen. Hier arbeiten wir bislang noch mit Schätzungen. Danach werden wir mit dem Verein um weitere Spenden für das Projekt werben“, berichtet Schock-Werner mit Blick auf den ersten Bagger, der schon vor Ort ist. Der früheren Dombaumeisterin ist es auch wichtig, die Stadtmauer als Endpunkt in die Via Culturalis mit einzubeziehen, die am römischen Nordtor ihren Anfang hat. Durch Ergänzungen im Mittelalter und der Neuzeit biete die Stadtmauer einen besonderen Einblick in die 2000-jährige Stadtgeschichte Kölns.
„Wichtig ist es uns, die historischen Spuren an der Mauer auch weiter sichtbar zu machen. Die Mauer wird auf eine einheitliche Höhe gebracht, die an ihrer Spitze eine Brüstung als Absicherung für den Spielplatz bekommt, der sich oberhalb der Mauer befindet. Der rekonstruierte Turm dient auch dazu, den Druck der Erde hinter der Mauer abzustützen. Dort wo die Mauer nicht erhalten werden kann oder ergänzt werden muss, kommt die originale Grauwacke als Baustoff zum Einsatz. Was die anstehenden Arbeiten und auch das spätere äußere Erscheinungsbild der Mauer und des Turms angeht, werden wir uns intensiv mit anderen Experten austauschen. In Xanten hat man zum Beispiel Erfahrungen mit der Rekonstruktion einer römischen Stadtmauer“, erklärt der Direktor des Römisch-Germanischen Museums Marcus Trier. Geplant sei zudem, alle römischen Punkte im Kölner Stadtgebiet digital zu erschließen und die Stadtmauer auch als außerschulischen Lernort für Kinder und Jugendliche zu nutzen. Gefunden wurde an der Stadtmauer auch ein Keller, der noch mit Briketts sowie einer Singer Nähmaschine versehen war. Diese musste inzwischen wieder zugeschüttet werden.
Finanziert wird das ambitionierte Projekt „Stadtmauer“ von verschiedenen Stellen. Vom Bund kommen 400.000 Euro, die Stadt Köln steuert 250.000 Euro bei und das Land fördert die anstehenden Arbeiten mit 200.000 Euro. Vom Verein selbst kommen Eigenmittel in Höhe von 100.000 Euro. Weitere 250.000 stammen von der NRW-Stiftung, deren Vorstandsmitglied, Karl-Heinz Erdmann der Vereinsvorsitzenden gestern die entsprechende Förderurkunde übergab. „Die Stadtmauer ist ein bedeutendes Zeugnis der Antike in Köln und eines der bedeutendsten Bodendenkmäler in NRW. Es ist wichtig, diesen Ort für die Menschen sowohl analog vor Ort als auch digital zu erschließen und ihn auch für Touristen attraktiv zu machen. Mit diesem Projekt bekommt die Stadtmauer eine diesem Denkmal gerechte Aufwertung“, erläutert Erdmann, dessen Stiftung bislang in Köln 107 Projekte mit insgesamt 5,7 Millionen Euro unterstützt hat. „Die 1,2 Millionen Euro, die wir jetzt zusammen haben, reichen für die eigentliche Restaurierung der Stadtmauer. Es sind aber noch weitere Mittel nötig, um das gesamte Projekt umzusetzen“, sagt Schock-Werner mit Blick auf weitere Spenden, für die ihr Verein werben wird.