Wallraf Susanna - Bilder einer Frau vom Mittelalter bis zur MeToo-Bewegung

Köln · Mit der weltweit ersten Ausstellung zur biblischen Susanna in der Kunst widmet sich das Wallraf-Richartz-Museum im Winter einer Erzähl- und Bildtradition, die auch vor dem Hintergrund der MeToo-Bewegung kaum aktueller sein könnte: „Susanna - Bilder einer Frau vom Mittelalter bis MeToo“ zeigt eindrucksvoll, wie Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt schon seit Jahrhunderten in Malerei und Grafik verhandelt werden.

Das Werk „Die Auffindung des Mosesknaben“ von Édouard Manet aus dem Nationalmuseum Oslo.

Foto: Nationalmuseum Oslo

Die biblische Erzählung von der Nötigung der Susanna durch zwei alte Richter übt schon seit der Spätantike großen Einfluss auf die Kunst aus. Die Kölner Sonderausstellung belegt dies mit hochklassigen Werken unter anderem von Artemisia Gentileschi, Anthonis van Dyck, Rembrandt, Eugène Delacroix, Édouard Manet und Lovis Corinth sowie beeindruckenden Arbeiten von zeitgenössischen Künstlerinnen wie Kathleen Gilje, Heike Gallmeier und Zoe Leonard.

Auf packende Weise zeichnet „Susanna“ die unterschiedlichen Deutungen der biblischen Erzählung, die sich wandelnde Nachfrage am Kunstmarkt sowie den Wettstreit und die künstlerischen Diskurse nach, die sich am Susannen-Motiv entzündeten. Für die Sonderausstellung mit mehr als 90 Exponaten holt das Wallraf zahlreiche Leihgaben nach Köln, die aus renommierten Museen wie der National Gallery London, dem Nationalmuseum Oslo, dem Musée d'Orsay in Paris, dem Frankfurter Städel und den Uffizien in Florenz stammen. Aus dem British Museum in London tritt sogar der kostbare und mehr als 1000 Jahre alte „Lothar-Kristall“ mit dem Susanna-Zyklus die Reise an den Rhein an.

Die sorgsam aus mehreren Jahrhunderten ausgewählten Susannen-Darstellungen aus Malerei, Grafik und Kunsthandwerk werden im Wallraf nicht nur zusammengebracht, sondern im Licht aktueller Debatten miteinander konfrontiert und verglichen. Welche Geschlechterrollen spiegeln sich in den jeweiligen Exponaten wieder? Wie schlagen sich dahinter liegende religiöse, politische und soziale Vorstellungen in den Bildern nieder? Und welche Vorurteile spielen eine Rolle?

Ungeschminkten Bildern sexualisierter Gewalt werden in der Kölner Sonderschau Werke gegenübergestellt, die das Bildmotiv zum Anlass oder Vorwand für künstlerische Bravourstücke nutzen. Voyeurismus in reflektierter und nicht reflektierter Form kontrastiert mit nachdenklichen und vielschichtigen, auf unterschiedliche Weise an den Betrachter appellierenden Kompositionen. Zugleich zeigt die Ausstellung, wie sich am Susannen-Thema künstlerische Diskurse und sogar Konkurrenzen entzündeten und auch heute immer noch aufflammen können.

In dem eigenen Kabinett „Hitchcocks Susanna“ wirft die Ausstellung zudem einen spannenden Blick auf Alfred Hitchcock und sein Meisterwerk „Psycho“ aus dem Jahr 1960, in dem der Voyeur und Mörder sein heimliches Guckloch mit dem Gemälde „Susanna und die Alten“ von Willem van Mieris aus dem Jahr 1731 verdeckt.

Den Auftakt zur Ausstellung macht die älteste noch existierende schriftliche Überlieferung der Erzählung aus dem Buch Daniel: Die gezeigten drei Papyrus-Fragmente stammen von etwa 200 nach Christus. Sie erzählen von der sexuellen Nötigung der Susanna durch die zwei Ältesten (Richter). Susanna weigert sich trotz einer Drohung, wird angeklagt und wegen angeblichen Ehebruchs zum Tode verurteilt. Doch der Prophet Daniel kann die Frau retten, indem er die Ältesten getrennt voneinander als Zeugen befragt. Die beiden verwickeln sich in Widersprüche, womit die Unschuld der Susanna bewiesen ist. Die wahren Täter werden verurteilt und hingerichtet.

Die alttestamentliche Erzählung ist nicht nur eine der ältesten Kriminalgeschichten der Welt, sondern die schonungslose Schilderung einer mit brutalen Mitteln versuchten sexuellen Nötigung. Wie Künstler aus sieben Jahrhunderten diese biblische Geschichte verarbeiteten, zeigt die Ausstellung.

Service: „Susanna – Bilder einer Frau vom Mittealter bis MeToo“ vom 28. Oktober bis 26. Februar 2023 exklusiv in Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten 40; Eintritt: 13, ermäßigt 9 Euro.