Wie fällt die Arena-Bilanz zu den beiden ATP-Tennisturnieren aus?
Interview „Wir sind nicht das Problem, sondern die Lösung“
Köln · Die Arena hat in diesem Jahr durch die Pandemie einen Verlust von 20 Millionen Euro verzeichnet. Zuletzt mussten die beiden ATP-Tennisturniere bis auf die Eröffnungstage ohne Publikum stattfinden. Im Interview spricht Arena-Chef Stefan Löcher über die Bilanz des Tennisevents, über die Lage in der Veranstaltungsbranche und über die Ausichten für die Multifunktionshalle.
Stefan Löcher: Positiv war, dass wir diese beiden Turniere binnen weniger Wochen auf den Weg gebracht haben. Normalerweise gibt es da einen Vorlauf von einem Jahr. Wir haben dafür extra fünf Konzerte verlegt, weil wir diese Veranstaltung unbedingt haben wollten. Sie wurde in mehr als 150 Länder übertragen, da hat die ganze Welt auf Köln geschaut. Wir hatten ursprünglich die Genehmigung für 2400 Zuschauer wie bei den „Arena now“-Terminen. Bei bislang 65.000 Gästen hatten wir keinen einzigen Covid-19-Fall. Um auf Nummer sicher zu gehen, haben wir nur 800 Karten pro Tag angeboten und es hat nicht lange gedauert, bis alle ausverkauft waren. Dann kam der Schock am Sonntag vor dem Turnierstart, da hat sich mit einer neuen Verordnung alles verändert. Statt bis zu 20 Prozent unserer Kapazität von 22.000 Zuschauern durften nur noch 250 Gäste kommen. Die Regel galt ab Mittwoch und wir mussten alle Zuschauer wieder ausladen. Dabei waren die Reaktion der ersten beiden Tage super – die Leute haben sich bei uns wohl und sicher gefühlt. Dass wir als Geisterturnier weitermachen mussten, hat in der Seele weh getan, weil es für uns absolut nicht nachvollziehbar war.
Wie sieht es mit Tennis in den kommenden Jahren in der Arena aus?
Löcher: Vom Veranstalter und der ATP gab es sehr viel Lob. Man hat sich in Köln wohlgefühlt, was auch für die Spieler gilt. Tennis hat in Köln eine Zukunft, wenn wir mehr Sponsoren für die Veranstaltung finden. Das war jetzt wegen der kurzfristigen Planung schwierig und ein Sponsor hat 80 Prozent der Finanzierung übernommen. Wir haben gezeigt, dass wir es können und wollen darauf nun für die Zukunft aufbauen. Die Arena ist für große Sportveranstaltungen prädestiniert.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Corona-Politik und ihre Folgen für die Veranstaltungsbranche?
Löcher: Man darf nicht nur alles verbieten und den Menschen Angst machen, sondern es ist wichtig, Perspektiven und Visionen aufzuzeigen. Die Veranstaltungsbranche hat 1,4 Millionen Mitarbeiter und ist der fünftgrößte Wirtschaftssektor in Deutschland. Und der wurde komplett auf Eis gelegt. Dabei sind wir nicht das Problem, sondern die Lösung. Wir sind Profis, wenn es um die Sicherheit von Menschen geht.
Wie geht es für die Arena jetzt weiter?
Löcher: Wir hätten alleine in dieser Woche vier Veranstaltungen gehabt, die mussten alle abgesagt und verlegt werden. Ich gehe davon aus, dass wir im November und Dezember kein Event in der Arena haben werden. Die einzige Ausnahme ist das EHF Final 4 im Dezember, das wird zur Not auch ohne Zuschauer stattfinden.
Welche Auswirkung hat das auf die wirtschaftliche Lage der Arena?
Löcher: Wir machen in diesem Jahr 20 Millionen Euro Verlust und bislang hat kein Förderprogramm für uns gegriffen. Wir haben keinen Cent bekommen. Deshalb fühlen wir uns als Branche auch nicht von der Politik richtig wahrgenommen. Dabei sind wir von der Pandemie und ihren Folgen am direktesten betroffen. Da sehe ich jetzt Handlungsbedarf.
Wie wird es im kommenden Jahr für die Arena laufen?
Löcher: Das ist sehr schwer vorauszusagen. Aber ich bin vorsichtig optimistisch und gehe davon aus, dass wir ab März oder April wieder kleinere Veranstaltungen mit einem entsprechenden Hygienekonzept anbieten können. Notfalls bieten wir auch zwei Termine mit jeweils 2000 Zuschauern pro Tag an. Wenn alles gut läuft, könnte sich die Lage dann zur Jahresmitte weiter verbessern – mit oder ohne Impfstoff.
Welche langfristigen Auswirkungen hat die Pandemie auf Ihre Branche?
Löcher: Es wird bei den Menschen auch danach noch eine gewisse Kaufzurückhaltung geben. Die Kaufkraft wird sinken, wenn das Kurzarbeitsprogramm ausläuft und viele Menschen arbeitslos werden. Aber ich gehe davon aus, dass, wenn der Impfstoff da ist, sich der psychische Druck lösen wird und das Liveentertainment wieder dahin zurückkehrt, wo es vor der Krise war. Wir brauchen aber Konzepte, die Menschen davon überzeugen, dass sie sich bei uns sicher fühlen können. Das ist uns auch nach dem Manchester-Anschlag gelungen. Die große Frage ist bei allem aber, ab wann das der Fall sein wird. Im nächsten Jahr wird es auf jeden Fall die Branche noch einmal schwer treffen, auch weil viele Touren inzwischen auf das Jahr 2022 verlegt worden sind. Und bei den Veranstaltungen im Herbst wird es bei den Terminen inzwischen richtig eng. Wir selbst haben 180 Konzerte verlegt und bei manchen gab es sogar drei oder vier Terminverschiebungen.
Welche Bedeutung hat das „Arena now“-Konzept für die Zukunft der Arena?
Löcher: Es hat gezeigt, wie toll die Atmosphäre bei einer Centerstage sein kann und es war ein Training für eine potenzielle Eishockeysaison mit den Haien, die bei der aktuellen Entwicklung der Infektionszahlen allerdings wohl obsolet geworden ist. Insgesamt war „Arena now“ aus der Not geboren und wir wollen eigentlich wieder dahin, wo wir vor der Pandemie waren – zur vollen Auslastung in einer der am besten besuchten Arenen in Europa. Aktuell bereiten wir uns darauf vor und sorgen für die Optimierung und Instandhaltung der Arena. Hier haben wir gerade 40 Projekte gestartet.
Wie wird sich Köln durch die Krise verändern?
Löcher: Das ist eine sehr nachhaltige Krise. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Rheinländer zu der Geselligkeit zurückfinden, die sie auszeichnet.
Wie sieht aktuell Ihr Arbeitsalltag als Arena-Chef aus?
Löcher: Wir haben 450 Mitarbeiter, von denen der Großteil in Kurzarbeit ist. Bei mir hat sich beim Arbeitspensum kaum etwas geändert. Nur, dass jetzt wieder die Abendtermine wegfallen. Es ist wichtig, Projekte weiter voranzutreiben und als Ansprechpartner für die Mitarbeiter da zu sein. Das ist in Zeiten, in denen viele unserer Mitarbeiter das Gefühl haben, nicht mehr gebraucht zu werden, besonders bedeutsam.