Landtagsauswahl: Vorliebe für unorthodoxe Wege

Der Kreistagsabgeordnete Oliver Deiters tritt für die SPD an – seine erste Kandidatur jenseits der Kommunalpolitik.

Rhein.-Berg. Kreis. Die Lackschuhe springen sofort ins Auge. Knallrot sind sie, Männertanzschuhe, über Ebay besorgt. Das Uhrarmband passt farblich. Ein Wahlkampfgag, den Oliver Deiters als kleinen Beleg dafür sieht, dass er gerne "unorthodoxe Wege geht".

So unorthodox wie der Weg zu seiner Landtagskandidatur für die SPD. Bei der Wahlversammlung im vergangenen Dezember stand ursprünglich nur ein Name auf der Einladung: Patrick Schnepper, 30 Jahre alter Student aus Kürten. Deiters hatte eigentlich erklärt, einzig antreten zu wollen, wenn es keine Alternative gebe. "Aber dann bin ich immer wieder gebeten worden, es trotzdem zu tun, zuletzt noch am Mittag des Versammlungstages." Also hat er seinen Hut doch in den Ring geworfen und sich mit 32:14 Stimmen durchgesetzt.

Für den Kreistagsabgeordneten (39) ist das der erste Tanz auf dem überkommunalen Kandidatenparkett. Aber als Kanonenfutter sieht er sich nicht, das hat er bereits bei der Nominierung erklärt. Mit Peer Steinbrück, Andrea Nahles und Karl Lauterbach hat er gleich drei Parteiprominente für die Wahlkampfunterstützung im Wahlkreis 22 gewonnen. Deiters will sich unverkennbar als Macher positionieren.

Ein Zehn-Punkte-Programm hat er für den Wahlkampf zusammengestellt. Die formulierten Forderungen sind nicht nur landespolitischer Natur: für einen gesetzlichen Mindestlohn, gegen die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, gegen die Kopfpauschale. "Arbeitsmarkt-, Atom- und Gesundheitspolitik betrifft jeden", sagt Deiters dazu. Er will da mit klaren Positionierungen punkten, auch weil das Land durch Änderungen der Bundesratsmehrheit die Bundespolitik beeinflussen könne.

Als Mitglied des Jugendhilfeausschusses legt der Odenthaler aber auch ein besonderes Augenmerk auf die Jugendpolitik. Die offene Jugendarbeit müsse auch künftig finanziell gesichert sein. "Zumindest soll das Geld auf Landesebene nicht weiter minimiert, nach Möglichkeit sogar erhöht werden." Dass zuletzt im Ausschuss eine Resolution aus Kürten zur Einstellung einer weiteren Kraft einfach abgebügelt wurde, konnte er nicht verstehen.

In der Schuldiskussion plädiert Deiters für das Pilotprojekt einer Gemeinschaftsschule mit einem längeren gemeinsamen Lernen der Kinder bis zum 6.Schuljahr. Danach soll über eine mögliche Differenzierung oder den weiterhin vollständig integrativen Unterricht entschieden werden.

Wenn der Landtagskandidat von seinen Vorstellungen eines Mandats spricht, dann differenziert er nach drei Ebenen, auf denen er wirken will: zunächst für die Bürger und den Kreis möglich machen, was möglich ist, dann landespolitisch Pläne wie die Abschaffung der Studiengebühren unterstützen und schließlich auch bundespolitisch Position beziehen.

Seine klare Präferenz für die Zeit nach der Landtagswahl gilt dabei einem rot-grünen Bündnis. Aber ausschließen will er nichts: "Mein Ziel ist es, die Politik der SPD so weit wie möglich umzusetzen." Mit wem das nach der Wahl möglich sei, der sei der beste Partner - "wenn es gar nicht anders geht, auch die Linke".

Annäherungsversuche des Burscheider Grünen-Kandidaten Harald Wolfert, der sich in Abstimmung mit Deiters eine Zweitstimmenkampagne vorstellen kann, weist er freundlich ("Die Idee ist ehrbar"), aber bestimmt zurück. Er sei "sehr intensiver Sozialdemokrat" und das Wichtigste für die SPD sei es, stärkste Fraktion im Landtag zu werden - auch als Gegenmittel gegen Schwarz-Grün. Da gebe es nichts zu verschenken.

Der politische Betrieb, davon ist Deiters überzeugt, muss die Bürger stärker einbinden. Ihm komme es aber immer häufiger so vor, "als ob an den Bürgern vorbei entschieden werden soll". Zwei aktuelle Beispiele aus der Kommunalpolitik: die Regionale-Pläne für Altenberg ("Die wollten da eine Art Petersplatz schaffen") und die im Südkreis heftig diskutierte Frage des Ausbaus der Deponie am Lüderich.

Ja, auch er habe, nachdem die Verbandsversammlung des BAV, Fach- und Kreisausschuss keine Bedenken gegen den Abfallwirtschaftsplan geäußert hätten, im Kreistag die Hand gehoben. Aber inzwischen sei er zu der Einsicht gelangt: "Die Leute haben recht, dass sie keine Kesselasche aus der Müllverbrennungsanlage Leverkusen vor ihrer Haustür abgeladen bekommen wollen."

Oliver Deiters, der Unkonventionelle, wie er sich sieht, gegen den inzwischen etablierten Platzhirschen Rainer Deppe - "wenn die Bürger wirklich nach politischen Inhalten wählen, dann sehe ich das nicht so nachteilig für mich", sagt er. Deppe habe einmal in einem Interview erklärt, er mache Politik für die Fleißigen und Ehrlichen. "Das ist eine Selbstverständlichkeit", entgegnet sein sozialdemokratischer Kontrahent. "Aber für mich wendet sich Politik auch an die, die aus dem Tritt geraten sind."