Genuss Mehr als nur Brust oder Keule

Köln · Ein Tier in der Küche nachhaltig als Ganzes zu verwerten und nicht nur auf die edlen Teile wie Brust oder Keule zu setzen, ist die Philosophie des Kölner Spitzenkochs Steffen Kimmig. „Ich bin auf dem Dorf groß geworden.

Steffen Kimmig präsentiert sein neues Kochbuch „Das ganze Huhn“.

Foto: step/Eppinger

Da habe ich schon als Kind mitbekommen, wie nach dem Schlachten alles verarbeitet wird. Als ich in der „Sonne“ in St. Peter im Schwarzwald gearbeitet habe, gehörte eine Metzgerei zu Restaurant und auch im Münchener Zwei-Sterne-Restaurant Tantris bekamen wir oft ein halbes Tier angeliefert. Dann stand bei auch mal Kalbsbrust auf der Karte“, sagt der in Kehl am Rhein geborene Koch und Autor, zu dessen Lehrmeistern auch Eckart Witzigmann gehörte.

Nach Köln kam Kimmig, als Alfred Biolek für sein Restaurant „Alter Wartesaal“ einen Küchenchef suchte. Später eröffnete er im Rheinauhafen mit dem „Kap am Südkai“ sein eigenes Restaurant, das er mehr als zehn Jahre lang erfolgreich führte. Inzwischen betreibt Kimmig in der Kölner Südstadt sein „Stivie Cuisine“ und bietet dort seinen Kunden Catering, Kochkurse und Restaurantberatung an. 2018 veröffentlichte er sein Kochbuch „Die ganze Kuh“. Jetzt fällt sein Blick mit „Das ganze Huhn“ auf das Geflügel. Insgesamt 90 Rezepte und jede Menge Hintergrundwissen finden sich in dem neuen Werk. Das Vorwort stammt von Kimmigs früherem Chef im Tantris, dem Sternekoch Hans Haas.

So wird die Martinsgans
zum Erfolgsrezept

Zu den Rezepten gehört auch das für die Martinsgans mit Preiselbeer-Rotkohl. „Das Rezept für den Rotkohl stammt aus dem Tantris. Es ist etwas aufwendig, aber es lohnt sich. Man kann auch größere Mengen kochen und dann portionsweise einfrieren. Zum Rotkohl gebe ich Rotwein, Portwein, Preiselbeeren sowie Zitronen- und Orangensaft. Dann kommt alles in den Backofen. Wenn man das Kraut schön glänzend haben möchte, sollte man noch etwas Entenfett dazugeben.“

Bei der Gans selbst ist wichtig, diese nicht abgepackt und tiefgefroren beim Supermarkt oder Discounter zu kaufen. „Es gibt gute Geflügelhändler und -bauern in der Region. Das Tier sollte etwas abgehangen sein. Gefüllt wird es mit Zwiebeln, Äpfeln und Beifuß.“ Um die Gans gleichmäßig zu garen, verrät Kimmig einen Trick. „Man sollte in das Tier eine Mineralwasserflasche ohne Deckel stecken. Das Glas speichert die Wärme und gibt sie gleichmäßig an das Fleisch ab. Auch das habe ich im Tantris gelernt.“

Im Kochbuch finden sich Rezepte zu fast allen Geflügelarten wie Huhn, Pute, Ente, Gans, Perlhuhn, Wachtel, Taube und Truthahn. Daraus entstehen bei Steffen Kimmig Gerichte wie „Weißwürste vom Huhn mit Frühlingsgemüse und Flusskrebsen“, „Hähnchenfrikadellen mit asiatischem Wokgemüße“ oder „Frittata mit Hühnerleber, Salbei und Zucchini“. Dazu kommen „Gedämpfte Taubenbrust im Wirsingmantel mit Kartoffelrisotto“, „Wachtelragout mit Pilzen“ oder „Gefülltes Stubenküken.“

„Dabei lohnt es sich gerade bei Geflügel, das Tier als Ganzes zu kaufen. Wir unterstützen damit Geflügelbauern, die Tiere artgerecht zu halten und verringern die Züchtung von Tieren. Denn die hat nur das eine Ziel: Bestimmte Körperteile wie die Brust stärker auszubilden“, erklärt Kimmig. Zum Kochbuch gehört auch ein Bericht über den Besuch des Kölner Kochs auf dem Bio-Hühnerhof Schneifel in der Eifel, in dem die Hintergründe zur Aufzucht der Tiere erläutert werden. Der Leser erfährt zum Beispiel, wie man als Verbraucher ein glückliches und gesundes Huhn erkennen kann oder welche Probleme die Massentierhaltung mit sich bringt.

Die Zielgruppe des neuen Kochbuchs sind die Hobbyköche. „Mir ist es wichtig, dass man meine Rezepte problemlos zu Hause nachkochen kann und dass man auch einfach an die Zutaten kommt.“ Ein schönes Frühstücksrezept aus dem Nachbarland Frankreich ist der „French Toast mit geräucherter Entenbrust“. Dazu wird der mit dem Fleisch gefüllte Toast durch eine Masse aus Milch, Käse und Eiern gezogen und dann in der Pfanne ausgebacken.

Eine besondere Geschichte hat das „Karli‘s Butter Chicken mit Raita“. „Während des Lockdowns habe ich damit begonnen, für Stammkunden auch besondere Liefergerichte anzubieten. Karl, der deutsche und indische Wurzeln hat, gehörte dazu. Er hat sich das Butter Chicken gewünscht und genau dieses Gericht wurde bei den Kunden zum Renner“, erinnert sich Kimmig, der seine Rezepte im Buch nach den Tierteilen wie Brust, Keule, Innereien, Flügel und das ganze Tier gegliedert hat. Dazu kommt ein Kapitel zu den Grundlagen wo sich Themen wie eine Warenkunde rund ums Geflügel, das Zerlegen eines Huhns, der Kauf und die Lagerung von Geflügel sowie Grundrezepte zu Soßen, Fonds oder Beilagen finden.

 

Steffen Kimmig: Das ganze Huhn – 90 Rezepte rund ums Gefügel, Olivia-Verlag, 224 Seiten, 29,90 Euro