Burscheid Noch nicht ganz wie die Piazza in Siena

Das Interesse an der öffentlichen Veranstaltung zum integrierten Handlungskonzept war groß. Aber die Jüngeren müssen für die Idee noch gewonnen werden.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Was haben die Piazza del Campo in Siena und der Burscheider Marktplatz gemeinsam? Nichts, nichts und wieder nichts. Und bei allem Zutrauen zu den Verheißungen des integrierten Handlungskonzepts, das derzeit in Burscheid entwickelt und diskutiert wird: Selbst bei bestmöglichem Verlauf wird in Burscheids Stadtmitte auch in zehn Jahren niemand auf die Idee kommen, Vergleiche zu einem der schönsten Plätze der Welt anzustellen.

Foto: Doro Siewert

Es sei denn, er heißt Hans-Joachim Hamerla. Der Stadtplaner des Düsseldorfer Büros ASS schlug den Bogen sogar schon jetzt bei der ersten öffentlichen Informationsveranstaltung zu dem Masterplan im Aufbau. Und er wählte den gewagten Vergleich vor allem, um zu zeigen: Die Schönheit eines Platzes hängt auch von einem gemeinsamen und verbindlichen Gestaltungswillen ab. „Siena war die erste Stadt mit einer dezidierten Gestaltungssatzung.“ Individualität kann nämlich schnell eine Individualität der Scheußlichkeiten sein. In Burscheid hat Hamerla mehrfach entsetzt festgestellt, „wie Fassaden im Erdgeschoss völlig gefühllos aufgerissen wurden“. Hier fehlen ihm Regeln, „um bestimmte Dinge nicht zu tun“.

Foto: Siena Municipality/Ansa/dpa; Doro Siewert

Eine Wunde, die Hamerla heilen will - mit einem Fassadenprogramm. Das ist einer der Fördertöpfe, die sein Büro im Auge hat, wenn im nächsten Februar das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept (als Wortungetüm durchaus auch eine Scheußlichkeit) der Bezirksregierung zur Genehmigung vorgelegt wird. Gelingt es, diesen Fördertopf anzuzapfen, müssten Eigentümer bei einer im Stadtbild abgestimmten Sanierung nur 50 Prozent der Kosten tragen.

Das ist wie bei vielen anderen Themen innerhalb des Gesamtkonzepts der Kernpunkt: Schrittweise sollen in den nächsten Monaten konkrete Maßnahmen erarbeitet werden. Sie sind inklusive des Nachweises, dass die Stadt den jeweiligen Eigenanteil aufbringen kann, Teil der Genehmigung - und gleichzeitig der Fahrplan für die Realisierung. „Es geht um umsetzbare Vorschläge und nicht um Gelaber“, bekräftigte Bürgermeister Stefan Caplan noch einmal.

Die Vorstellung im Megafon stieß auf großes Interesse: Vor Beginn mussten noch zusätzliche Stühle in den Saal getragen werden. Das täuschte darüber hinweg, dass praktisch ausschließlich Ältere gekommen waren. Jugendliche wird man kaum gewinnen können. Aber auf die 30- bis 50-Jährigen kann bei einem solchen Zukunftsprojekt nicht verzichtet werden.

Schließlich geht es gerade auch bei ihnen darum, ob sie bleiben oder gehen. Abhängig ist das davon, ob es über die mit dem Handlungskonzept verbundenen Förderungen gelingt, genügend attraktiven Wohnraum zu schaffen, die Zentren zu beleben, den Einzelhandel zu stärken und ein Gesamtpaket der Lebensqualität zu schnüren.

Über anderthalb Stunden dauerte Hamerlas bisweilen etwas detailversessener Streifzug durch dieses Gesamtpaket - und das Publikum war im Anschluss so ermattet, dass eine rege Diskussion nicht mehr aufkommen wollte. Das ist aber nicht weiter dramatisch, denn der Partizipationsprozess geht weiter. Die gesamte Präsentation ist ab sofort auf der Internetseite der Stadt abrufbar und wer will, kann per Mail Anregungen abgeben oder sich für weitere Detailtreffen anmelden. Im November ist ein großes Kolloquium geplant, bei dem die entsprechenden Pläne zu den entwickelten Maßnahmen schon mittags aushängen und dann im Rahmen der Veranstaltung erläutert und diskutiert werden.