Plagegeister haben eine Funktion in der Natur

Stechende Insekten machen vielen Menschen das Leben schwer. Zur Abwehr muss es kein Gift sein.

Foto: Patrick Pleul/dpa

Burscheid. Blauer Himmel, Sonnenschein und Vogelgezwitscher - so manchen Bergischen hat es angesichts der fantastischen Wetterbedingungen der vergangenen Wochen nach draußen auf den Balkon, in den Garten oder an ein Ufer der wunderschönen Talsperren gezogen.

Das entspannte Sonnenbad hatte allerdings spätestens dann ein Ende, wenn sich durch ein hohes Sirren oder ein tieferes Brummen geflügelter Besuch ankündigte. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, von einer Mücke gestochen zu werden, ungleich größer als das Risiko eines Wespenstichs - aber für Unruhe sorgen beide Tierarten.

Während viele Mücken spätestens nach dem Stich der Tod durch eine ungehaltene Handbewegung des Opfers ereilt, werden wohl nur sehr wenige Erholungssuchende auf die Idee kommen, dem Leben einer Wespe mit der bloßen Hand ein Ende zu setzen. Und überhaupt: Muss es überhaupt so weit kommen, dass der „Mord“ an den Tierchen das einzige Mittel zum Zweck - nämlich der Wiederherstellung der Ruhe und Entspannung - ist?

Handelt es sich bei Mücken, Wespen und Co. wirklich um Plagegeister, die Jagd es auf uns Menschen machen? Und wie viel tragen wir dazu bei, die Tiere in unsere Nähe zu locken? Mücken benötigen zur Eiablage und somit zur Fortpflanzung zwingend stehendes Wasser, wenn auch nicht unbedingt eine ganze Talsperre: Mit Wasserrückständen in Regenrinnen, Pfützen und nicht abgedeckten Regentonnen rund ums Haus sorgen wir selbst dafür, dass sich die Mücken in der Nähe ihrer „Lieblingsbeutetiere“, uns Menschen, sehr wohl fühlen.

Angesichts der Vielzahl an Giften zum Sprühen, Mückensteckern für die Steckdose und allerlei Mittelchen zum Einreiben, die allesamt die nervigen Blutsauger umbringen beziehungsweise fernhalten sollen, sollte sich jeder fragen, mit welchen Bestandteilen er davon tatsächlich in Berührung kommen möchte - und ob im Notfall die altbewährte Fliegenklatsche für alle außer die Mücke nicht doch die schonendste Ultima Ratio ist.

Vielmehr werden die Menschen hier davon eingeholt, dass Mücken auch in Gärten überleben, in denen es ansonsten nicht mehr viel Leben gibt. Denn in einem naturnahen Garten würden Vögel, Fledermäuse und die Bewohner von Teichen ohne Fische dafür sorgen, die Mückenpopulation im Zaum zu halten.

Wo wir viele natürliche Lebensräume zerstört haben, schlägt die Natur quasi in Gestalt der Mücke zurück. Diese können sich nämlich prima anpassen. Und die schwarz-gelb gestreiften Nervensägen, die jetzt Anfang Juli bisher eher wenig in Erscheinung treten? Tatsächlich verschmäht eine Wespe Mücken als Appetithäppchen nicht, wenn sie diese erbeuten kann.

Auffallen tun uns die Wespen meist im Zusammenhang mit Mahlzeiten im Freien und verstärkt gegen Ende des Sommers, wenn die Staaten der Wespen verfallen und die Tiere ohne strukturierte Aufgaben bis zu ihrem Tod um uns herum vagabundieren. Gibt es heiße Tipps vom Fachmann, wie man die sommerlichen Plagegeister von sich fernhalten kann?

Möglichst natur- und umweltverträglich und trotzdem halbwegs effektiv? Unangenehm empfinden Mücken zum Beispiel die Gerüche vieler Küchenkräuter wie Rosmarin, Minze und Basilikum. Das kann man sich zunutze machen

.„Insektenstecker und -fallen für Haus und Balkon fangen niemals selektiv“, gibt Jörg Liesendahl, Diplom-Biologe der Natur-Schule Grund, zu bedenken. „In diesen Fallen wird alles getötet, was sich nähert. In Zeiten des Insektensterbens geht das überhaupt nicht.“

Gleiches gilt für alle Insektenvernichtungsmittel zum Sprühen: „Da sterben nicht nur für uns lästige Mücken, sondern alle Insekten, die damit in Berührung kommen. Auch noch einige Zeit nach der Anwendung.“

Jeder sollte für sich bewusst überlegen, ob er einatmen möchte, was andere Lebewesen binnen kürzester Zeit tötet. Und bei den Wespen? „Noch sind sie nicht lästig.“ sagt der Biologe. „In der Natur-Schule ist ein Zusammenleben von Kindern und Wespen problemlos möglich. Im Moment ist bei Begegnungen mit Wespen, einfach nur Ruhe anzuraten.“

Nicht vergessen sollten wir in erster Linie, dass selbst die nervige Mücke und die für uns angsteinflößende Wespe ihre Aufgaben im Ökosystem haben und auch Nahrung für viele andere Lebewesen sind.