Verborgene Orte in Burscheid Postzentrum: Betriebsam wie ein Ameisenstaat

5000 Briefe und mehr als 200 Pakete kommen jeden Tag ins Postzentrum. Sie werden hier sortiert und per Fahrrad verteilt — bei jedem Wetter.

Foto: Doro Siewert

Burscheid. Es gibt wohl kaum jemanden, der sich in Burscheid so gut auskennt wie Rudolf Schäfer — mal abgesehen von seinen Kollegen. Rudolf Schäfer ist Postbote. Mit dem gelben Rad liefert er im Stadtkern Briefe aus. Schlechtes Wetter gilt nicht als Ausrede. Rudolf Schäfer muss bei Wind und Wetter los. Er hat sich daran gewöhnt und er kennt es eigentlich auch nicht anders. Vater, Onkel und Großvater — sie alle waren schon bei der Deutschen Post angestellt. „Ich könnte jetzt noch über sie schimpfen“, sagt Schäfer scherzhaft. Bei Regen würde er manchmal gerne im Postzentrum an der Bürgermeister-Schmidt-Straße bleiben.

Hinter einem großen Bürogebäude ist es versteckt. Publikumsverkehr gibt es hier nicht. Post wird im Hinterhof schließlich nicht angenommen. Hier kommt jede Brief- und Paketsendung an, die mit der Deutschen Post auf die Reise nach Burscheid geschickt wurde. Wie in einem Ameisenhaufen sortieren die Mitarbeiter die Kisten. Um zehn Bezirke müssen sie sich kümmern. Fünf davon werden mit dem Fahrrad angefahren. Die Kollegen, zu denen auch Rudolf Schäfer zählt, tragen nur Postsendungen aus. Die Zusteller, die in den Außenbezirken unterwegs sind, fahren einen Dienstwagen. Sie sind Postbote und Paketmann in Personalunion. In der Innenstadt kommt DHL extra. 200 Pakete sind es pro Tag, und das nur im Stadtkern. In ganz Burscheid werden pro Tag durchschnittlich 5000 Briefe verteilt.

Die Briefe, die vom Briefzentrum in Köln angeliefert werden, sind grob nach den Bezirken vorsortiert. Die erste Aufgabe am Morgen lautet, die Briefe nach Straßen und Hausnummern im jeweiligen Bezirk in ein Regal einzusortieren. Ordentlich von links nach rechts. Das ist gleichzeitig auch die Wegstrecke, die der Postbote zurücklegen muss.

Rudolf Schäfer zieht einen Brief aus der Kiste. Würde er sich nicht auskennen, würde er diesen wieder an den Absender zurückschicken. Es steht eine falsche Hausnummer darauf. Rudolf Schäfer kennt den Empfänger vom Namen her. Er weiß, wo der Brief wirklich hin muss und steckt ihn in das richtige Fach.

Vor Fehlern ist niemand gefeit, sagt Pressesprecher Rainer Ernzer. Weder Absender, Empfänger, noch Zusteller. Vonseiten der Deutschen Post versuche man, die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten. Jeder Brief ist wichtig — seit der Einführung der E-Mail mehr denn je. Die Zahl der Briefe ist zurückgegangen.

Zudem verteilen sich die Mengen sehr unterschiedlich auf die Wochentage. Klassischerweise würden Postboten am liebsten samstags freinehmen. Da ist besonders viel zu tun. „Es wird immer gesagt, die Deutsche Post arbeite montags nicht. Ich frage die Leute dann immer, wer ihnen denn am Samstag einen Brief schreibt“, sagt Rainer Ernzer. Montags wird hauptsächlich „Dialogpost“ verteilt, das sind Werbesendungen, Kataloge und Flyer. Dieser Posten wird immer größer, was den Verlust an nicht-gewerblicher Post ein Stück weit wettmacht. „Generell ist der jährliche Rückgang an Briefsendungen nicht so groß ausgefallen, wie noch vor zehn Jahren prognostiziert“, sagt der Postsprecher. „Die Werbetreibenden investieren kräftig.“

Wenig zu tun ist an der Bürgermeister-Schmidt-Straße jedenfalls nicht. Die Zahl der Pakete und Päckchen steigt kontinuierlich. „Die Arbeit als Zusteller ist anstrengend. Es ist der härteste Job, den wir zu vergeben haben“, sagt Rainer Ernzer. Rudolf Schäfer hat sich diese Arbeit ausgesucht. „Es muss ja gemacht werden. Ein Bauarbeiter muss auch immer draußen sein“, sagt er. „Hauptsache ist, ich kann die Post trocken halten.“ Wenn er da an seinen Großvater denkt, habe dieser doch viel mehr Verantwortung gehabt. „Mein Opa hat noch Rente und Lohn ausgezahlt.“