Burscheid Die Frauen erobern die Stadt
Die jecken Weiber nahmen Donnerstag das Rathaus ein. Bürgermeister Stefan Caplan lies sich den Schlüssel abnehmen - nach einem Tanz und wenigen Bützchen.
Burscheid. Das Rathaus gehört den Weibern und damit die ganze Stadt — immerhin bis zum Aschermittwoch. Denn am Donnerstag übernahmen die närrischen Damen den symbolischen Schlüssel zum symbolischen Rathaus im Schützenhaus.
Vor der Tür des Schützenhauses lieferten sich etwa 40 anwesenden Damen ein verbales, gereimtes Gefecht mit dem Oberbürgermeister Stefan Caplan. „Die Stadt zu regieren fällt uns nicht schwer/ gib uns dafür den Rathausschlüssel her“, forderten die Frauen und stießen erst einmal auf taube Ohren bei dem Verwaltungschef: „Zu glauben, dass ich euch Schwestern weich?/ Ein Irrtum, es ganz einfach nicht an der Zeit.“ Am Ende musste sich Caplan aber doch der Frauen-Power geschlagen geben, nachdem ein Tänzchen und ein paar Bützchen seine starre Haltung etwas gelockert hatten. Leicht geschlagen gegeben habe sich das Stadtoberhaupt nicht, sagte er anschließend, sei doch die Rede ziemlich lang gewesen. Naja, aber an Weiberfastnacht sei er doch etwas leichter rumzukriegen als sonst, scherzte er.
Manuela Ueberall, die ihm den Schlüssel schon im zweiten Jahr in Folge abnehmen konnte, hatte großes vor: Sie wollte mit ihren Kumpaninnen jetzt ihr Unwesen im Rathaus treiben.
Ein Glück, dass das Rathaus nur das symbolische Rathaus in der Schützenhalle war. Ueberall und die zahlreichen anderen Gäste konnten dort unbekümmert ihr Unwesen treiben, schunkeln, singen und trinken. DJ Mimo alias Klaus Peter Mihm sorgte für jecke musikalische Untermalung.
Die Deko und Kostüme taten ihr übriges. Angelika Wehner vom Schützenverein rief das Motto „1, 2, 3 im Sauseschritt, die Zeit läuft und wir laufen mit“ aus und bastelte für die Wände knapp 80 laufende Uhren. Dazu wurde bei den Kostümen der Schwerpunkt auf die Subkulktur „Steam Punk“ gelegt, die futuristische Technik mit viktorianischem Stil verbindet. So gab es reichlich große Hüte und metallene Brillen zu sehen — allen voran bei den Schützen und der Stadt. Auch Stefan Caplan und die Stadtsprecherin Renate Bergfelder-Weiß liessen es sich nicht nehmen, den futuristischen Retro-Look selbst zu tragen.
Aber weil ja Narrenfreiheit gilt, gab es auch reichlich andere Kostüme. Andreas Anhalt, Vertriebsleiter der Stadtwerke, kam im bunt-geblümten Anzug mit Minipli-Perücke und Elvis-Brille — bunt gemischt, aber „gedacht als Hippie“. Er war auf der Suche nach etwas Leichtigkeit in schweren Zeiten: „In den 70er Jahren war in ein kleines Kind, aber ich bewundere die Freiheit und Lockerheit der 70er Jahre“, sagte er. Damit war er anscheinend nicht alleine — auch der Kämmerer Bernhard Lentz kam im Hippie-Outfit mit bunt-gestreiften Schlaghosen. Stadtwerke-Geschäftsführer Siegfried Thielsch kam als Indianer, andere etwa als Polizisten, Katzen oder Schlümpfe.
Glück im Unglück ist es für Stefan Caplan, dass er den Schlüssel am Mittwoch wiederbekommt. Aber auch bis dahin muss Caplan nicht auf seinen Arbeitsplatz verzichten. Er will heute wieder im eigentlichen Rathaus sitzen — „Ich habe ja einen Zweitschlüssel“, sagte er scherzhaft — und das, obwohl die Feier bis mindestens 23 Uhr angesetzt war.
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