Räumdienste „am absoluten Limit“
Die Mitarbeiter müssen 80-Stunden-Wochen bewältigen und sich trotzdem noch Beschwerden anhören.
Burscheid. Die Menschen, die bei den Räumdiensten arbeiten, haben derzeit vermutlich mit die undankbarste Arbeit. „Die Mitarbeiter bewegen sich am absoluten Limit und haben ihre körperliche Belastungsgrenze erreicht“, sagt Franz Pütz, technischer Leiter der Technischen Werke (TWB). Denjenigen Kollegen des Baubetriebshofs, die in der Bereitschaftsschicht sind, beschert der harte Winter momentan 80-Stunden-Wochen.
Die 20 Mitarbeiter werden wechselweise pro Woche in zwei Schichten aufgeteilt. Während die eine Hälfte von 7 Uhr bis zum Nachmittag normale Dienstzeiten hat, muss die andere Hälfte bei Schneefällen in der Nacht um 3 Uhr raus und bis 20 Uhr im Einsatz bleiben.
Und Personalengpässe führen auch dazu, dass der wöchentliche Wechsel nicht garantiert ist. „Drei Mann sind jetzt schon in der zweiten Woche in Bereitschaft“, sagt Pütz.
Die Personaldecke der TWB ist für den Dauereinsatz im Winterdienst nicht ausgelegt — und kann es auch nicht. Verschärft wurde die Lage am Wochenende noch dadurch, dass einer der beiden Lkws mit Pflug und Streuer am Freitagnachmittag ausgefallen ist. Darüber hinaus stehen noch ein Unimog und zwei kleinere Multifunktionsfahrzeuge zur Verfügung, um knapp 90 Straßenkilometer zu räumen.
„Da pfeifen die Kollegen aus dem letzten Loch und dann kommen noch die ganzen Beschwerden dazu“, sagt Pütz — über zugeschobene Einfahrten oder nicht geräumte Seitenstraßen. „Das ist schon heftig, was wir an Briefen bekommen.“ Allerdings gebe es auch vereinzelt Lob: „Leute, die aus Solingen kommen, sagen, dass es in Burscheid einen super Winterdienst gibt. Und auch eine Frau aus Leverkusen hat uns angerufen und erklärt, sie komme immer gerne nach Burscheid, weil hier alles so gut geräumt sei.“
Aber nicht nur die Räumdienste arbeiten unter erschwerten Bedingungen. Briefträgerin Gitta Jaeger kämpft sich gerade auf dem Fahrrad die Bücheler Straße hinauf. „Immerhin haben wir für die Schuhe Spikes bekommen.“ Auf das Rad zu verzichten, sei aus Transportgründen nicht möglich. Normalerweise endet der Tag, der um 6 Uhr beginnt, für sie gegen 14 bis 16 Uhr. Aber bei dem Schnee dauert es natürlich länger — und manchmal reicht die Zeit auch gar nicht. „Am Samstag mussten wir beim Dunkelwerden aufgeben.“
Am Meisenweg räumt Eva-Maria Dietz gerade zum wiederholten Mal den Gehweg vor ihrem Eckgrundstück — eine Strecke von vielleicht 50 Metern. „Es ist gesellig“, sagt sie. „Jeder kommt vorbei, weil keiner, der es vermeiden kann, mit dem Auto fährt.“
Ob Meisenweg, Füllsichel oder Eulenflug, überall hat der zur Seite geräumte Schnee die Anlieger- zu faktischen Einbahnstraßen verengt. Wenn es dann doch zu Begegnungsverkehr kommt, läuft nichts mehr, wenn keine Ausweichbucht erreichbar ist. „Darum halten wir immer unsere Einfahrt frei“, lacht Dietz. Sie weiß, wovon sie spricht. Am Grundstück führt ein steiler Berg hinauf zum Eulenflug. Daran ist schon mancher Autofahrer gescheitert.