Textil Hülpüsch: Kundenandrang zum Ausverkauf

Textil Hülpüsch schließt Ende des Monats nach 113 Jahren — in der vierten Generation.

Textil Hülpüsch: Kundenandrang zum Ausverkauf
Foto: Barbara Sarx

Burscheid. Die Auslage ist schon geschickt etwas raumgreifender arrangiert, damit die Lücken nicht so auffallen. Seit dem Beginn des Ausverkaufs bei Textil Hülpüsch vor einer Woche herrscht in dem Ladenlokal in der Bürgermeister-Schmidt-Straße ein enormer Andrang. „Im Normalfall würden wir das gar nicht mehr schaffen“, sagt Gisela Pulvermacher.

Doch das ist kein Normalfall, sondern das anstrengende Finale eines Traditionshauses. Wenn das Geschäft am Abend des 31. Januar abgeschlossen wird, dann für immer — nach 113 Jahren in Familienhand. Darüber nachzudenken, hatte die Inhaberin aber noch gar keine Zeit: „Wahrscheinlich falle ich erst in ein Loch, wenn hier zu ist.“

Schon als Baby ist sie durch das Ladenlokal gekrabbelt und seither hat sie das Geschäft nicht mehr losgelassen. Dass die vierte Generation auch die letzte sein würde, stand gleichwohl schon lange fest: Die beiden Töchter haben als Steuerfachangestellte in Burscheid und Ärztin im Wermelskirchener Krankenhaus andere berufliche Wege eingeschlagen.

„Und mein Mann soll nicht noch mit 80 arbeiten“, sagt Pulvermacher (63) über ihren zehn Jahre älteren Gatten, Enkel des Namensgebers der Hugo-Pulvermacher-Halle. Heinz Pulvermachers 73. Geburtstag im vergangenen Jahr war dann auch einer der Gründe für die bevorstehende Schließung.

Der andere: Gisela Pulvermachers behinderter Bruder (57) braucht viel Unterstützung, an den Wochenenden waren die Geschäftsleute aber immer auf Messen unterwegs. Dass die Tochter die Betreuung wegen ihrer eigenen beruflichen Belastung in dieser Zeit nicht mehr übernehmen kann, forcierte den Schließungsgedanken. In einem Jahr hat Heinz Pulvermacher mal festgehalten, welche Zeit jeder von beiden neben dem normalen Geschäftsbetrieb auf Fachmessen zubrachte: 199,5 Stunden. „Fünf Arbeitswochen, so lange machen andere Urlaub.“

Gisela Pulvermachers einziger Urlaub war ihre Hochzeitsreise. „Selbstständig heißt selbst und ständig. Dann wirft ein Laden auch Gewinn ab.“ Dass sie den Laden außen wie innen in Schuss hielt, ihr Mann die Buchführung und Auszeichnung der Waren noch nachts absolvierte, gehörte für sie stets dazu. Ebenso wie die Erfüllung fast aller Kundenwünsche: von den Sockenhaltern bis zur Badekappe, von den Kragenstäbchen bis zum Reißverschluss. „Nur eben hatte ich kein Stopfei mehr, sondern nur noch den Stopfpilz.“ Irgendwann hinterlässt der Ausverkauf halt seine Lücken.

Abschiedsaktionen am Schließungstag sind nicht geplant. Und danach will sich Gisela Pulvermacher erst einmal all dem widmen, „was liegen geblieben ist im Haushalt, im Garten, Keller und auf dem Speicher“. Und ab und an ein paar Stunden wandern gehen.

Für das Ladenlokal gibt es vorerst keine Pläne. Wenn es endgültig leer steht, soll es wieder vermietet werden. Erneut als Tante-Emma-Textilgeschäft? „Hoffentlich ist einer so schlau und übernimmt diese Lücke.“