Wirtschaft „Wir konnten in unseren deutschen Werken Infektionsketten vermeiden“

Wie erleben Sie die Situation jetzt im zweiten Lockdown?

Die Elektromobilität hat bei Ford für den Standort Köln eine ganz zentrale Bedeutung.

Foto: dpa/Oliver Berg

Rainer Ludwig: Dank unserer sehr guten Vorbereitung und der extrem hohen Ford Hygienestandards sind wir bislang gut durch die Krise gekommen. Nachdem wir zunächst von März bis Mai 2020 die Fertigung wegen des ersten Lockdowns für sechs Wochen eingestellt hatten, läuft diese seit Mai durchgehend. Dabei konnten wir in unseren deutschen Werken Infektionsketten vermeiden, was uns gezeigt hat, dass unser Konzept funktioniert. Wir dürfen uns aber nicht darauf ausruhen und müssen unsere Standards permanent an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Wir sind mit der Bundesregierung und den Wirtschaftsverbänden in einem stetigen Austausch, auch was jetzt die Teststrategien angeht. Besonders stolz sind wir auf unsere Belegschaft. Denn nicht alle Beschäftigten können bei uns im Homeoffice arbeiten. Sie sorgen unter erschwerten Bedingungen, wie der Maskenpflicht am Arbeitsplatz, dafür, dass unsere Fertigung seit Mai durchgehend weiterlaufen konnte. Das ist eine beeindruckende Leistung. 

Was hat sich im Vergleich zum Frühjahr 2020 geändert?

Ludwig: Im März 2020 war die Situation für uns alle komplett neu. Die Verordnungen kamen von allen Seiten, und wir mussten uns detailliert einarbeiten. Dazu kam, dass Material wie Masken oder Desinfektionsmittel gefehlt hat. Inzwischen produzieren wir unsere Masken und die Gesichtsvisiere selbst. So hat sich beim Umgang mit der Krise eine gewisse Routine etabliert, was auch für das Arbeiten im Homeoffice gilt. 

Was sind gerade die größten Herausforderungen in Ihrem Berufsalltag?

Ludwig: Die Pandemie beschäftigt uns sehr intensiv. So haben wir gerade in unserem Werk im Saarland die Situation, dass dort in Frankreich direkt ein Hochrisikogebiet an der Grenze liegt. Von dort pendeln viele unserer Beschäftigten nach Deutschland. Für das Werk haben wir eine klare Teststrategie entwickelt, da wir auch dort künftig Infektionen vermeiden wollen. Das Testen wird im Moment sehr intensiv diskutiert. Für uns ist aber ebenso wichtig, dass eine nachhaltige Impfstrategie implementiert wird, um möglichst bald wieder in die Normalität zurückkehren zu können. Eine nicht zu Ende gedachte Teststrategie bringt uns dagegen nicht weiter. 

Wie sieht das Hygienekonzept in Ihren Werken derzeit aus?

Ludwig: Das beginnt schon vor dem Arbeitsantritt. Jeder Beschäftigte muss, um auf das Werksgelände zu kommen, über unsere App zunächst Fragen beantworten. Da geht es um den Kontakt mit Infizierten, um mögliche Symptome oder die Rückkehr aus einem Risikogebiet. An den Werkstoren wird immer die Temperatur der Beschäftigten gemessen. Auf dem gesamten Werksgelände gilt von Beginn an eine Maskenpflicht. In Bereichen, in denen die Mindestabstände nicht eingehalten werden können, muss zusätzlich zur Maske noch ein Gesichtsvisier getragen werden. In der Fertigung gibt es zudem viele weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel Stationen zum Händewaschen innerhalb der Fertigungsbereiche. Bei den Besprechungen vor Ort gibt es Beschränkungen bei der Teilnehmerzahl. Insgesamt streben wir im Bürobereich an, so wenige Personen wie möglich vor Ort zu haben, und nutzen entsprechend die Möglichkeit zum Homeoffice. 

Wie hat sich durch diese Regeln die Arbeit verändert?

Ludwig: Die Fertigung läuft ganz normal weiter, auch wenn die Bedingungen für die Belegschaft anspruchsvoller geworden sind. Eine größere Veränderung gibt es für die Bürobereiche. Dort werden wir nach der Pandemie nicht einfach zur Normalität zurückkehren, sondern werden die neuen Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten weiterentwickeln und zukünftig intensiver nutzen. 

Wie sind die Perspektiven bei Ford für das laufende Jahr?

Ludwig: Das Geschäft hat bei den Nutzfahrzeugen etwas zugelegt. Grund dafür ist die zunehmende Bedeutung der Logistikbranche und des Onlinehandels. Bei den Pkw hoffen wir darauf, dass unsere Händler möglichst bald wieder mit dem Verkauf vor Ort beginnen können. Allerdings gab es auch jetzt in der Zeit der Schließung noch weiter online Verkaufsgeschäfte. Bei den Pkw setzen wir neben unseren etablierten Fahrzeuglinien vor allem auf die Plug-In-Hybrid-Version des Kuga und freuen uns außerdem auf den vollelektrischen Mustang Mach-E. 

Wie groß waren und sind die Probleme bei den Lieferketten in der Krise?

Ludwig: Nachdem wir im Mai wieder loslegen konnten, gab es bis auf eine Ausnahme keine Probleme bei den Lieferketten. Unsere Lieferanten konnten genauso die Fertigung sicherstellen wie wir selbst. Die Lieferketten sind nach wie vor stabil. Die einzige Ausnahme ist der Engpass bei den Halbleitern. Das hat in den betroffenen Bereichen zu zusätzlicher Kurzarbeit geführt. Bei dem Thema Kurzarbeit muss man auch die Bundesregierung ausdrücklich loben, die mit ihrer schnellen Anpassung der Regelungen zur Kurzarbeit sehr geholfen hat, übermäßige Härten für die Belegschaft zu vermeiden. Da hat man in Berlin bereits sehr früh reagiert. 

Welche Rolle hat das Auto in der Krise bekommen?

Ludwig: Beim Nutzfahrzeug hat die Bedeutung durch den Onlinehandel und der damit verbundenen Logistik zugenommen. Das gilt auch für den Pkw in Zeiten, in denen man sich nicht dem Infektionsrisiko im ÖPNV aussetzen möchte. Da hat das Auto als Transportmittel eine größere Bedeutung bekommen. 

Wie wichtig ist die Elektromobilität für den Standort Köln?

Ludwig: Die Elektromobilität hat eine unglaublich hohe Bedeutung für unseren Standort, wo das erste Electrification Center von Ford in Europa entstehen wird. Eine Milliarde US-Dollar wird dafür in den Standort investiert. Das ist gerade für die Belegschaft sehr wichtig. Das gilt auch für den Standort und die gesamte Region. 

Was macht Ihnen im Moment die größten Sorgen und was die größten Hoffnungen?

Ludwig: Sorgen machen mir eine mögliche dritte Welle und das damit verbundene Risiko eines weiteren harten Lockdowns mit all seinen wirtschaftlichen Folgen. Auch mögliche weitere Mutationen sind Anlass zur Sorge. Hoffnung macht mir die deutschlandweite Impfung und die damit einhergehende Rückkehr zur Normalität. Dazu leisten wir gerne, auch mit der Unterstützung durch unsere Gesundheitsdienste, unseren Beitrag.