Zu Fuß in die Vergangenheit
Für ein facettenreiches Programm war gesorgt. Aber die Beteiligung fiel enttäuschend aus.
Burscheid. Es soll Schüler geben, die hoffen, dass das Fach Geschichte noch während ihrer Schulzeit ganz schnell Geschichte ist. Wenn man Geschichte und die dahinter steckenden Geschichten aber anschaulich erzählt, am besten noch persönlich erlebbar an einem historischen Ort und vor der eigenen Haustüre, kann sich auch der geschichtsmüde Bankdrücker von dem Faszinosum Vergangenheit anstecken lassen.
Am Samstag jedenfalls gaben sich alle Beteiligten große Mühe bei der Vermittlung von historischem Wissen. Beim dritten Tag der rheinisch-bergischen Geschichte, der erstmals in Burscheid stattfand und von der hiesigen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins ausgerichtet wurde, gab es ein buntes Programm mit Wanderungen, Vorträgen und einer Kartoffelsuppe. Was fehlte, waren die Besucher.
Mit mehreren hundert Gästen aus dem Nord- und Südkreis hatte man gerechnet. Doch vor allem am Vormittag blieben die Besuchermassen aus. Erst am Nachmittag gesellten sich mehr Gäste hinzu. "Anscheinend ist das Wetter zu schön", vermutete Rolf Engelhardt vom Geschichtsverein.
Und Vorstandskollegin Anne Marie Frese hatte neben den Burscheidern nur vier oder fünf Geschichtsfreunde aus Bergisch Gladbach, Odenthal und Lindlar ausgemacht. "Das ist ein bisschen enttäuschend, aber eine alte Geschichte. Die Leute aus dem Südkreis kommen einfach nicht in den Nordkreis."
Schade, denn wer nicht da war, verpasste einiges. Zum Beispiel den amüsanten und zugleich aufschlussreichen Stadtrundgang mit dem Kaltenherberger Heimatfreund Rolf Schmitter. Natürlich auf "Buescheder Platt" erfuhren die Teilnehmer allerlei historische Begebenheiten: wo die alte Post einquartiert war, wo man vor und nach dem Krieg ins Kino ging, dass man bei den Kinobesuchen im Winter mit mitgebrachten Briketts selbst für Wärem sorgen musste, an welchem Brunnen sich Pastor Löh regelmäßig wusch und welche die schönste Haustüre der Stadt ist.
Zeit für ein Ständchen blieb auch noch. Die kleine Einlage beim Anblick des Zuccamaglio-Gedenktafel in der Montanusstraße bot sich geradezu an, denn dessen Sohn Anton Wilhelm gilt als Dichter des bekannten Volksliedes "Kein schöner Land".
Unterstützt wurde Schmitter von Pfarrer Gerhard Schauen, der nicht nur das Kirchenschiff, sondern auch den Glockenturm der evangelischen Kirche inklusive Klangprobe öffnete - der Kirchturm ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Auch eine Wanderung zur Eifgenburg stand auf dem Programm.
Im Haus der Kunst präsentierte sich die Musikstadt von ihrer besten Seite. Dafür sorgten der Orchesterverein Hilgen und die Musicalische Academie, das älteste Laienorchester Deutschlands, mit zwei Konzerten. Über die Geschichte der Academie berichtete Historikerin Marie-Luise Mettlach.
In der Feuerwache gab es alte Ausrüstungsgegenstände der Wehr zu besichtigen, im Badehaus liefen Filme über die Nutzung der "Burscheider Badewanne" früher und heute und in der Lambertsmühle boten die Mitglieder des Fördervereins den ganzen Tag über Führungen an. Am Nachmittag schlüpfte Pfarrer Günter Finkenrath in eine historische Rolle und berichtete stimmgewaltig in der Ich-Form über das Leben von Pastor Johannes Löh.
Dieser Burscheider Berühmtheit war auch eine Vitrine im Haus der Kunst gewidmet, unter anderem mit einer seiner Bibeln aus dem 18. Jahrhundert.