Cold Case Mord in Meerbusch nach 31 Jahren doch noch aufgeklärt?

DÜSSELDORF · 1991 wurde die Sigrid C. tot in einem Maisfeld bei Meerbusch gefunden – eine DNA-Spur führt nun zu einem wegen eines anderen Mordfalls verurteilten Mann.

Die Rheinaue bei Meerbusch. In einem Maisfeld wurde vor 31 Jahren die teilweise entkleidete Leiche einer 50-jährigen Frau gefunden.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Cold Case, kalter Fall - der Begriff steht für strafrechtliche Ermittlungen nach Tötungsdelikten, die im Sande verlaufen sind. Doch moderne Kriminaltechnik, insbesondere die Auswertung von DNA-Spuren können dazu führen, dass Jahrzehnte alte Fälle wieder aufgerollt werden. Und neue Ermittlungen doch noch zur Überführung des Täters führen können. Einen solchen Erfolg feiert nun die Düsseldorfer Polizei.

Es ist fast 31 Jahre her, am 20. August 1992: Die damals 50-jährige Sigrid C., die mit ihrem Lebenspartner in Süddeutschland lebt, besucht ihren Bruder in Düsseldorf. Sie nutzt den Aufenthalt in ihrer Heimatstadt zu einer Zahnarztbehandlung. Auf die Nachricht des Doktors, dass demnächst ein größerer Eingriff bevorsteht, reagiert sie wie immer in solchen Fällen. „Sie beschließt, einen Spaziergang zu machen, um den Kopf frei zu bekommen.“ So sagt es Guido Adler, Erster Kriminalhauptkommissar im Düsseldorfer Polizeipräsidium.

Adler schildert, wie Sigrid C. zum Parkplatz eines Lokals in Düsseldorf Lörick fährt und dann zu ihrem Spaziergang in Richtung Ilverich (Ortsteil von Meerbusch) am Rheindeich aufbricht. Zuletzt sehen Zeugen sie gegen 20 Uhr auf einer Parkbank. Dann, auf dem Rückweg zu ihrem Auto, kommt sie an einem Maisfeld vorbei. In dieses wird sie hineingezerrt und dann gewürgt. Ein Spaziergänger findet sie am nächsten Morgen. Sie ist ihren Stichverletzungen erlegen, Spuren einer Vergewaltigung gibt es nicht.

Guido Adler, Leiter des Kriminalkommissariats 11, ist davon überzeugt, den Mord in Meerbusch aufgeklärt zu haben.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Mordkommission kann die Tat nicht aufklären, irgendwann wird der Fall zu den Akten gelegt. Doch mittlerweile untersuchen die Kriminalisten systematisch solche Fälle. Insgesamt sind es knapp 100 Tötungsdelikte und 35 Fälle von „Langzeitvermissten“, denen die Düsseldorfer Polizei nachgeht.

Weil bei ungeklärten Tötungsdelikten die Beweismittel in der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft weiter aufbewahrt bleiben, kann auf diese bei Bedarf zurückgegriffen werden. Schon seit den 1970-Jahren hatte man in Mordfällen die Tatopfer nach Faserspuren abgesucht, die der Täter dort hinterlassen haben konnte. Auch machte man einen Abrieb von der Haut unter den Fingernägeln des Tatopfers. Guido Adler erklärt: „Oft ist es so, dass sich das Opfer wehrt, nach dem Täter greift und auf diesem Wege Blutspuren oder auch Hautpartikel des Täters zu finden sind. Heute lassen sich selbst kleinste Hautpartikel auf die DNA untersuchen.“

Die Probe im Mordfall C. wird also analysiert und mit der DNA in der polizeilichen DNA-Analysedatei abgeglichen. Treffer. Das Erbgut des Hautabriebs unter dem Fingernagel des Opfers ist identisch mit dem eines Mannes, der längst in einem anderen Fall als Mörder überführt wurde: Der heute 63-jährige Manfred C. war bereits 1995 vom Landgericht Tübingen wegen Mordes an einem damals 12-jährigen Mädchen zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Seit 28 Jahren sitzt er im Gefängnis.

Und muss nun mit einem weiteren Mordverfahren rechnen. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat bereits Anklage wegen Mordes an Sigrid C. erhoben. Bislang hat sich Manfred C. nicht zu dem Fall geäußert. Wenn das Landgericht Düsseldorf die Anklage zulässt, wird er vor Gericht Gelegenheit dazu bekommen.

Wie Hauptkommissar Guido Adler sich nun fühlt, wird er auf der Pressekonferenz gefragt. Ernsthaft antwortet der Erste Kriminalkommissar, zurückhaltend. So einen Fall habe er bisher noch nicht erlebt, seit 25 Jahren sei er Mordermittler: „Das ist in höchstem Maße befriedigend für die kriminalistische Arbeit.“ Er habe auch mit dem ehemaligen Lebensgefährten von Sigrid C. telefoniert. „Obwohl das alles mehr als 30 Jahre her ist, war dieser emotional sehr angefasst.“