Reiseland Nordrhein-Westfalen Das will die NRW-Tourismusbranche in Zukunft besser machen
Mülheim · Zwar steigen die Übernachtungszahlen in NRW seit nunmehr neun Jahren in Folge. Doch es gibt auch Probleme.
52 Millionen Übernachtungen im Jahr 2018 – ein Plus von 0,8 Prozent bescherte der Tourismusbranche in Nordrhein-Westfalen den neunten Rekord in Folge. Das Ruhrgebiet, Düsseldorf und der Kreis Mettmann legten mit plus 2,8 Prozent sogar überdurchschnittlich zu. Insgesamt übernachteten im vergangenen Jahr in NRW mehr als 400 000 Gäste.
Die Zahlen scheinen zu zeigen, dass alles in bester Ordnung ist. Und doch sieht die Branche, die sich am Mittwoch zu ihrem Tourismustag NRW in der Mülheimer Stadthalle traf, dringenden Bedarf, sich neu aufzustellen. Denn auch dies sind Wahrheiten des nordrhein-westfälischen Tourismus: Die Menschen kommen nicht nur, weil es hier so schön ist, fast jede vierte Übernachtung in NRW ist geschäftlich motiviert. Woran die Messen in Düsseldorf, Köln oder Essen ihren großen Anteil haben. Doch der für den Tourismus zuständige Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) will das als Chance sehen. Als Gastredner vor der versammelten Branche verwies er darauf, man müsse sich dann eben darum kümmern, dass diese Geschäftsreisenden auch mal ein paar Tage an ihre Geschäftsreise dranhängen. Oder aber so von dem Reiseziel NRW überzeugt werden, dass sie auch privat wiederkommen.
Der Minister sieht in einer anderen Frage durchaus Verbesserungsbedarf: „Wenn ich bei der Tourismusmesse ITB den NRW-Stand besuche, dann sehe ich, wie sich da viele Einzelregionen präsentieren, aber mir fehlt so ein bisschen das Gefühl: das ist NRW.“ Am Stand von Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern dagegen werde sofort ein Lebensgefühl vermittelt.
Die Bewertungen der Touristen sind nicht immer schmeichelhaft
Eine von Pinkwarts Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Strategie-Studie für das Tourismusland NRW hat noch weitere Schwächen aufgedeckt. Die Bewertungen der Gäste in den Kategorien Zimmer, Hotel und Gebäude weichen besonders stark (nach unten) vom Deutschlanddurchschnitt ab. Auch gibt es vergleichsweise schwache Werte bei der Wiederbesuchsabsicht der befragten Gäste. Und diese kritisieren auch die Erreichbarkeit der Veranstaltungsorte. Besonders bitter: Weniger als die Hälfte derjenigen, die schon einmal in Nordrhein-Westfalen waren, empfehlen das Land als Reiseziel weiter.
Veranstaltungen sind nach den Erkenntnissen der Besuchermagnet Nummer 1 in NRW. Event- und Veranstaltungsreisen bilden mit 32,4 Prozent mit Abstand die wichtigste Urlaubsart, gefolgt von Städtereisen (insbesondere nach Düsseldorf oder Köln) mit 19,1 Prozent sowie Sport- und Aktivurlauben (8,6 Prozent) .
Das Beheben der Defizite und das Buhlen um neue Besuchergruppen müssen aus Sicht der Macher des im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellten Strategiepapiers Hand in Hand gehen. Es brauche eine Internationalisierung, eine gezielte Ansprache potenzieller Touristen im Ausland, etwa aus Polen, Japan oder den USA. Da brauche es natürlich auch Fremdsprachenkentnnisse beim Personal.
Die Haupteintrittskarte in eine gute Zukunft der Branche liege in der Digitalisierung. In einer Welt, wo Wettbewerb von außen wie Reiseportale oder AirBnB es vormachen, müsse man dieses Thema besonders beackern. Zumal die Branche es doch selbst spüre: Im vergangenen Jahr wurden erstmals mehr Buchungen über die Webseiten der Unternehmen getätigt als in Reisebüros. Daten mit Informationen etwa über Öffnungszeiten oder Veranstaltungstermine sollen landesweit aufbereitet werden und dann über die verschiedenen Plattformen im Internet einheitlich ausgespielt werden.
Die Branche müsse Bedürfnisse der Touristen vorhersehen und entsprechende Antworten bereitstellen für Fragen wie: An welchen Punkten einer Reise benötigt der Gast welche Informationen und digitalen Dienste?
Leicht handhabbare Informationen zu konkreten Angeboten soll es geben, zur besten Art der Anreise, zu den angebotenen Aktivitäten während des Aufenthalts bis hin zu Infos zur Abreise. Und weltoffen will man sich zeigen, betonte Heike Döll-König, Geschäftsführerin von Tourismus NRW: „Früher nannten wir es Fremdenverkehr, heute sprechen wir von Touristen. Wir sollten ihnen zurufen: Hallo, Einwohner auf Zeit.“