Düsseldorfs OB zofft sich mit Stadtrat „Hilft eine Ampelfigur irgendeinem Opfer von geschlechterbezogener Diskriminierung?“

Düsseldorf · Auf Ampeln in der Innenstadt sollen bald gleichgeschlechtliche Paare und Radschläger zu sehen sein. Diesen mit großer Mehrheit gefassten Beschluss will der Oberbürgermeister allerdings beanstanden. Worum es bei dem Streit geht.

So sieht ein gleichgeschlechtliches Ampelpärchen aus.

Foto: dpa-tmn/Julian Stratenschulte

(ae) Gleichgeschlechtliche Ampelpärchen sollen ein Symbol für Weltoffenheit und Toleranz sein, im Stadtrat waren sie aber vor allem Anlass für Streit zwischen Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und der Mehrheit der Fraktionen. Die hat am Donnerstag beschlossen, dass an Fußgängerampelanlagen an der Heinrich-Heine-Allee, der Königsallee und dem Johannes-Rau-Platz „gleichgeschlechtliche Vielfalts-Ampelpärchen und Radschlägersymbole“ installiert werden. Der OB hatte jedoch zuvor in der Sitzung angekündigt, diesen Beschluss zu beanstanden. So solle rechtlich für Klarheit gesorgt werden.

Die Stadt hatte schon vor Monaten im Verkehrsausschuss ausgeführt, dass sie nichts von dem Vorhaben hält. Sie verwies auf die Straßenverkehrsordnung, wonach es „eindeutige Vorgaben zur Gestaltung der Symbole in Lichtsignalanlagen“ gebe. Verwiesen hatte die Stadt zudem auf den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, wonach der Einsatz alternativer Motive „rechtlich zweifelhaft“ sei. Laut Gemeindeordnung muss der OB eine Entscheidung beanstanden, wenn sie geltendes Recht verletzt. Die schriftliche Darlegung des OBs hat dann aufschiebende Wirkung. Am Ende müsste die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde entscheiden.

Widerspruch provoziert hatte der OB in seiner Rede vor allem mit einer fundamentalen Kritik an kleinteiligen Stadtratsbeschlüssen wie diesem. „Sind Ampelpärchen und Radschläger an den Ampeln der Königsallee wirklich das, was die Menschen von uns erwarten?“, hatte Keller rhetorisch in den Saal gefragt und fortgeführt: „Hilft eine Ampelfigur irgendeinem Opfer von geschlechterbezogener Diskriminierung?“ Es brauche viel mehr Konzentration auf die „wirklich zentralen Herausforderungen unserer Stadt“. Symbolpolitik könne eine Berechtigung haben, um Haltung zu zeigen. „Aber wenn der Eindruck entsteht, dass Symbole wichtiger sind als Lösungen, schadet das dem Vertrauen in unser demokratisches System.“

Ganz anders sahen die meisten Ratsmitglieder das. Christine Rachner (FDP) begründete den gemeinsamen Antrag mit SPD und Grünen mit einem Signal der Weltoffenheit. Zudem könne sie die Bedenken nicht teilen: „Was soll passieren? Dass einer wartet, bis er Hand in Hand über die Ampel gehen kann?“ Anja Vorspel von den Linken verwies auf Übergriffe, etwa auf einen CSD in Wismar, deshalb soll es auch Ampelpärchen auf dem Johannes-Rau-Platz geben, wo der Düsseldorfer CSD stattfindet. Sie verwies zudem auf eine Studie in Wien, wonach Ampelpärchen sogar zu mehr Regeltreue geführt hätten.

Auch Manfred Neuenhaus (FDP) widersprach dem Oberbürgermeister entschieden. Aus Sorge vor Anfeindungen schränkten sich queere Menschen zunehmend in der Öffentlichkeit ein. „So lange dieses Problem nicht gelöst ist, ist das Symbol wichtig.“ Auch Claudia Bednarski (SPD) verwies auf viele Vorbilder in anderen Städten, wo keine Klagen erfolgt seien.

Auch wie der OB Teile des Rates abwatschte, stieß einigen Ratsmitgliedern übel auf. „Das geht gar nicht“, sagte Sabrina Proschmann (SPD) im Gespräch. Zuvor habe Keller noch den Zusammenhalt der demokratischen Mitte beschworen und dann so einen Angriff gestartet. Besonders ärgerte Proschmann, dass dann Anfragen der AfD (zu Fremdsprachenkenntnissen der Freiwilligen bei der EM oder Kosten für Regenbogenbänke) in einem Atemzug mit Anliegen anderer Parteien außer der CDU genannt wurden.