Lernen an den Berufskollegs Vom Azubi bis zum berufsorientierten Bachelor

Serie | Düsseldorf · Mit rund 23.000 Schülern sind die zehn städtischen Berufskollegs eine der großen Säulen im Düsseldorfer Bildungssystem.

Physiklehrer Aldo Brunetti, Felix, Gabriel, Leonie und Julian (v. l.) erzeugen in einem der Laborräume einen Parallelschwingkreis.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Mit 300 Bildungsgängen und 23 000 Schülern sind die zehn städtischen Berufskollegs eine der großen Säulen der Düsseldorfer Bildungslandschaft. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung erreichen sie oft nicht die Präsenz der anderen Schulformen. Oder laufen unter dem veralteten Label „Berufsschulen“. Das ist nicht komplett falsch, denn die Mehrheit derjenigen, die auf ein Berufskolleg (BK) gehen, absolvieren eine klassische duale Ausbildung. Einen Teil ihrer Zeit verbringen sie dann im Betrieb oder im Büro und einen anderen Teil in der Schule. Rund 16 500 junge Erwachsene gehören laut aktuellem Schulentwicklungsplan zu dieser Gruppe, die Bildungsexperten „Anlage A“ nennen. Benannt nach der vor 25 Jahren speziell für die Berufskollegs geschaffenen Allgemeinen Prüfungsordnung.

Doch der Kanon möglicher Bildungsgänge und Abschlüsse ist viel weiter gefächert. Weitere vier Anlagen (B bis E) gibt es. Auch Fach-Abitur, Voll-Abitur und berufsorientierter Bachelor sind möglich. Der Bogen der Spezialisierungen reicht von Steuern und Recht über Kaufleute im Gesundheitswesen und Mediengestaltern bis hin zu Hutmachern und Tierpflegern. „Es gibt in Düsseldorf fast nichts, was es nicht gibt“, sagen die Pädagogen, die an dieser Schulform unterrichten.

Zu ihnen gehört Heinrich Kuypers von der Lore-Lorentz-Schule in Eller. Sie ist das einzige der zehn städtischen Kollegs, das keine Azubis in klassischen Ausbildungen unterrichtet. Gut vertreten sind dagegen die anderen Bildungsgänge. „Rund 180 junge Erwachsene verlassen unsere Schule mit dem Fachabitur, 250 mit der Allgemeinen Hochschulreife und etwa 30 mit einem ersten oder mittleren Schulabschluss“, sagt Kuypers. Doch was ist anders, wenn man sein Abi nicht an der Gesamtschule oder dem Gymnasium macht? „Letztlich ist es die klare berufliche Orientierung, die hier stärker im Vordergrund steht“, sagt der Pädagoge. So könnten Schüler beispielsweise Physik und Physiktechnik gleichzeitig zu Leistungskursen machen. Als drittes Abi-Fach würden dann Deutsch oder Englisch und im vierten Fach entweder Wirtschaftslehre oder Religions- beziehungsweise Gesellschaftslehre gewählt. „In der Physiktechnik geht es dann zum Beispiel um Analysen zur Fluoreszenzforschung – ein Gymnasium würde hier andere Schwerpunkte setzen“, berichtet Kuypers. Und wenn es in Deutsch um Dürrenmatt gehe, würde man sicher eher „Die Physiker“ als den „Besuch der alten Dame“ lesen, ergänzt er.

Zwei Tage die Woche
pendeln die Schüler

Eine gute Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt steht auch am Berufskolleg an der Bachstraße ganz oben auf der Agenda. Hier befinden sich etwa drei Viertel der Schüler in dualen Ausbildungen. Zu ihnen gehören Kürsat Inalbaz (23), Yonca Demirel (22) und Larissa Koch (21), die Einzelhandelskaufleute werden wollen. Wie viele der 23 000 BK-Schüler kommen die drei nicht aus der Landeshauptstadt. Inalbaz lebt in Recklinghausen und ist Azubi bei Vodafone, Demirel pendelt aus Köln und Koch aus Langenfeld an die Bachstraße. Zwei Tage in der Woche machen die jungen Erwachsenen das, den Rest der Woche arbeiten sie. Wie viele ihrer Klassenkameraden waren die angehenden Kaufleute zunächst auf der Real- oder der Gesamtschule. Inalbaz will nach Abschluss seiner Ausbildung gerne weitermachen, um Handelsfachwirt zu werden.

Für Beatrix Heithorst, die das Berufskolleg an der Bachstraße mit seinen 2600 Schülern leitet, ist das eines von vielen guten Beispielen für die Chancen, die ihre Schulform bereithält. Denn die biete gerade jenen Heranwachsenden, die erst einmal einen mittleren Abschluss erworben hätten, einen etwas geschützteren Raum, in dem sie ihre Kreativität weiterentwickeln könnten. „Je nach Lerntyp und Persönlichkeit kann der Weg zum Abi am Gymnasium schwerer sein als bei uns“, sagt die 61-Jährige und ergänzt: „Alle, die hierher kommen, sind erst einmal unbeschriebene Blätter, die an diesem Punkt ihrer Schullaufbahn noch einmal neu starten. Das kann ein großer Vorteil sein.“ Und was wünscht sich die erfahrene Pädagogin für die nähere Zukunft? Bei den iPads sei noch Luft nach oben, meint sie. Denn auch, wenn nicht alle Schüler an allen Tagen vor Ort seien, reichten die derzeit 400 Geräte nicht aus. „Ich verstehe, dass die Stadt den Kauf weiterer Geräte nicht alleine stemmen kann, aber dann sollten wir intensiver über eine mögliche Unterstützung durch Betriebe oder andere Wege der Dritt-Finanzierung sprechen“, meint die Schulleiterin. Auch ihre drei Schüler aus der Einzelhandelsklasse hätten noch ein Anliegen: „Beim Schulkiosk sollten wir endlich mit Karte zahlen können. Das wäre toll.“

Diese acht weiteren städtischen Berufskollegs gibt es zudem in Düsseldorf:

Albrecht-Dürer-Berufskolleg Am größten handwerklich orientierten Kolleg der Stadt werden unter anderem Schornsteinfeger, Fotografen, Hotelkaufleute, Fahrzeuglackierer und Augenoptiker unterrichtet.

Elly-Heuss-Knapp-Schule Sie bietet voll- und teilzeitschulische Bildungsgänge an. Hier kann man beispielsweise agrarwirtschaftliche Berufe erlernen wie Forstwirt. Auch wer Kosmetiker oder Kinderpfleger werden möchte, wird hier fündig.

Lessing-Berufskolleg Die Schule hat ihren Schwerpunkt auf Sport gelegt und bietet den Bildungsgang Freizeitsportleiter an.

Heinrich-Hertz-Berufskolleg Hier ist richtig, wer sich für Berufe im Bereich Chemie, Elektrotechnik oder Informationstechnik interessiert. Das Kolleg bietet neben der betrieblichen auch die schulische Ausbildung sowie eine Fachschule für Technik an.

Technisches Berufskolleg Färberstraße Die Schule ist spezialisiert auf technische Berufe in den Bereichen Haus-, Maschinenbau-, Fahrzeug- und Metalltechnik sowie Mechatronik.

Max-Weber-Berufskolleg Das Kolleg bietet ein breites Spektrum an vollzeit- und berufsschulischen Ausbildungsgängen im dualen System. Hier lernt, wer beispielsweise Justiz- oder Notarfachangestellter oder Kaufmann für Büromanagement werden will. Zudem findet sich hier die Fachoberschule Polizei.

Walter-Eucken-Berufskolleg Das WEBK umfasst ein Wirtschaftsgymnasium, eine Höhere Handelsschule sowie eine Berufsschule. Hier lernen beispielsweise künftige Medizinische Fachangstellte, Kaufleute für Groß- und Außenhandelsmanagement und Fachkräfte für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen.

Leo-Statz-Berufskolleg Die Schwerpunkte der kaufmännischen Schule liegen auf Wirtschaft und Verwaltung, Arbeitsmarktdienstleistungen, Banken sowie Büromanagement.