Rapper Xatar kommt zum New Fall Festival „Rap ist mehr Poetry-Slam als Popmusik“

Düsseldorf · Giwar Hajabi, besser bekannt als Xatar, tritt beim New Fall Festival in den Rheinterrassen am 1. November mit der Band Heavytones auf. Beim Projekt „Das letzte Mahl“ trifft Straßen-Hip-Hop auf Instrumentalklänge.

Fatih Akin (Mitte), Emilio Sakraya (l.) und Rapper Xatar.

Foto: step/Christoph Hardt/imago

„Alles oder nix“ heißt das erste Album des in Bonn aufgewachsenen Rappers Xatar – genauso wie seine Biografie, die er im Jahr 2015 veröffentlicht hat. Ein treffender Titel für das Leben des Künstlers und Unternehmers.

Bekannt wurde der Stoff durch die Verfilmung von Fatih Akin im Jahre 2022. „Rheingold“ heißt der Streifen, in dem es um den Raubüberfall geht, den Giwar Hajabi mit Komplizen 2009 auf einen Goldtransporter verübte und für den er länger als fünf Jahre im Gefängnis verbrachte. Seitdem gilt der 42-Jährige als leibhaftiger „Gangster-Rapper“: Einer, der es, wie „Die Welt“ schrieb, „vom Knast an die Spitze der Charts“ geschafft hat. Einer, der „nicht die Kunst aus dem Leben, sondern das Leben aus der Kunst schöpft“ – ein Gangster-Rapper, der wirklich zum Gangster wurde.

Bei dem, was Xatar, der als Fünfjähriger mit seiner Familie aus dem Iran nach Deutschland fliehen musste, erlebt hat, könnte man verstehen, wenn er maximal abgeklärt über aktuelle Projekte sprechen würde – bei seinem Blick auf die Hip-Hop-Blase, aufs Musik-Business und die Politik klingt das auch so.

Wenn er aber über Musik und seine jüngsten Live-Erlebnisse spricht, ist das anders. Die Zusammenarbeit mit den Heavytones, die vor allem als Band der Late-Night-Show „TV total“ bekannt wurden, hat ihm einen neuen Zugang zur eigenen Kunst geebnet – und zu den Menschen, die ihm zuhören.

In großen Häusern, unter anderem im März in der Kölner Philharmonie und in der Elbphilharmonie Hamburg, hat er die Show „Das letzte Mahl“ bereits mit Erfolg präsentiert – am Freitag, 1. November, wird er um 21 Uhr in den Düsseldorfer Rheinterrassen auftreten. Die Vorfreude auf den Auftritt ist groß. Die bisherigen Shows kamen gut an und weckten bei Xatar beinahe Euphorie. „Ich freue mich extrem auf Düsseldorf. Das ist kein Hip-Hop-Konzert oder -Festival, das ist ganz andere Kunst. Ich freu’ mich übertrieben darauf und hoffe, dass noch mehr daraus wird“, sagt er.

Xatar hat sich und seine Musik bei der Zusammenarbeit mit der Band neu erfunden – und neu erlebt. „Es ist eine meiner schönsten musikalischen Erfahrungen überhaupt“, sagt der Rapper. Nicht ohne hinzuzufügen, dass die Idee zur Zusammenarbeit nicht von ihm kam und er lange zweifelte. „Ich bin seit etwa zwei Jahren bei meiner Agentur BTA (Budde Talent Agency) und wurde gefragt, was ich mir so live vorstellen könnte. Ich konnte mir leisten, keine Konzerte zu geben, und ich bin nie so eine Rampensau gewesen. Das war null meine Idee, auch vor dem Treffen mit den Heavytones war ich sehr skeptisch“, erzählt der 42-Jährige.

Das lag am Stil der neuen musikalischen Partner: „Ich dachte, dass die Musik zu bläserlastig ist. Aber die spielen anders, eher so Rocky-mäßig, sehr melancholisch, auch traurige Sachen. Wir haben uns getroffen und das Programm mit Band probiert. Ich habe alles angenommen von denen.“ Xatar hat sich überzeugen lassen – zumindest vom Effekt der ersten Auftritte, die sogar seinen „extrem kritischen“ Vater, ebenfalls Musiker, überzeugten. „Es war toll. Für die Zusammenarbeit haben wir ältere, voll melancholische Stücke ausgesucht, bei denen die Leute im Konzert anfangen zu weinen. Das lern’ ich komplett neu, dass man nicht herumschreien, die Crowd die ganze Zeit anfeuern muss. Die Musik wirkt für sich – für mich eine krasse Erfahrung.“

Der Rapper ist auch
Meister des Marketings

Dabei kennt Xatar sich mit Wirkung bestens aus, er weiß sich seit jeher zu inszenieren – und verrät, dass vieles in der Branche allein auf Wirkung und Effekt zielt. Und wer, wenn nicht der Gangster-Rapper, wüsste besser, welche Posen, Botschaften und Bilder es braucht, um ein Image zu pflegen? Und doch geht es ihm, dem Meister des Marketings, am Ende um Glaubwürdigkeit, egal ob bei Rap oder Rock. „Die Quelle für Musik sind oft Not und Leid, ob finanziell oder psychisch, oder die Tatsache, dass wir alle sterben. Das muss und will ich spüren, egal bei welcher Mucke“, sagt er.

Damit meint er existenzielle Sorgen und Nöte, die er aus eigener Erfahrung kennt, aber nicht mehr in kriminelle, sondern künstlerische Energie umwandelt. „Ich kann und will jetzt keine Gangster-Geschichten mehr erzählen. Das wäre nicht mehr ich. Bei Sido hieß es, er habe eine „Pop-Wende“ hingelegt. Er sagt: Ich rappe weiter über das, was ich erlebe.“

Dass Rap als Kunst gut geeignet ist, um authentisch und glaubwürdig aufzutreten, ist für ihn klar, denn beim Rap braucht es gute Zeilen, die unmittelbar funktionieren. „Ich habe viele legendäre Künstler gehört, aber Songwriting nach den immer gleichen Prinzipien funktioniert im Rap nicht. Rap funktioniert nur, wenn die Sätze gut sind, die Lyrics passen – Rap ist mehr Poetry Slam als Popmusik.“