Düsseldorf 25 Millionen Euro fließen ins Kanalnetz
So viel Geld steckt der Entwässerungsbetrieb jedes Jahr in Sanierung und Erneuerung. Der logistische Aufwand ist enorm.
Düsseldorf. Kö-Bogen, Wehrhahn-Linie — das sind Groß-Projekte „made in Düsseldorf“, die jeder kennt. Dass es im Düsseldorfer Untergrund noch ein drittes Millionen-Invest gibt, dürfte vielen nicht bewusst sein. Es ist die Instandhaltung des Kanalnetzes, die riesige Summen verschlingt, jedes Jahr 25 Millionen Euro. So viel braucht der Stadtentwässerungsbetrieb, um das Netz auf heutigem Niveau zu halten. Netzergänzungen sind da noch nicht eingerechnet.
Die ersten Kanäle in Düsseldorf wurden 1874 gebaut. „Ein britischer Ingenieur namens William Lindley hat die so genannte Schwemmkanalisation nach Europa gebracht“, erklärt Birgit Bremmenkamp vom Stadtentwässerungsbetrieb. „Das bedeutet, alle Kanäle sind mit einem leichten Gefälle gebaut, so dass das Wasser schneller weiter fließen kann.
Zumeist handelt es sich um ,Eiprofile’, wobei die schmalere Seite nach unten zeigt.“ Vor allem in der Altstadt sind viele Kanäle mehr als 100 Jahre alt — weshalb der Stadtentwässerungsbetrieb dort seit einigen Jahren systematisch saniert bzw. neu baut. Im Kernbereich der Altstadt ist man seit 2010 fertig, in den Randbereichen laufen die Arbeiten noch.
Etwa in der Hohe Straße in der Carlstadt. Dort leben die Anwohner seit dem Frühjahr mit einer nervend lauten Baustelle. Aus Sicht des Stadtentwässerungsbetriebs handelt es sich indes um eine logistische Meisterleistung. Ein Grund: „Der Verkehr ist heute ein anderer als etwa noch in den 70er-Jahren“, sagt Abteilungsleiter Ingo Noppen. Auf der Hohe Straße bedeutet das, dass für die Baustelle selbst fast kein Platz ist.
Auf dem Stück von der Kreuzung Bastionstraße Richtung Schwanenmarkt etwa befindet sich die Backstube von Bäcker Hinkel. Dort muss jede Woche einmal der Mehlwagen vorfahren, sonst müsste der Betrieb schließen. Schräg gegenüber befindet sich eine Tiefgarageneinfahrt. Da die Zufahrten auch zu den Innenhöfen stets frei bleiben sollen, bleiben für die Baufirmen nur noch kleine Restflächen, von denen aus gearbeitet werden kann. Der Kanalneubau hier erfolgt fast schon wie ein minimalinvasiver chirurgischer Eingriff.
Um die Auswirkungen auf den Autoverkehr so gering wie möglich zu halten, wenden die Baufirmen auch immer öfter Verfahren an, die sich weitgehend unterirdisch abspielen. So zurzeit an der Kaiserswerther Straße. Dort wird ein in Polyesterharz getränkter Schlauch in den Kanal eingeführt. Er wird dann mit Luftdruck aufgeblasen und durch UV-Licht erhärtet.
Auf diese Weise bekommt der Kanal eine neue, undurchlässige Innenwand. Hauptvorteil: Anstatt die ganze Straße aufzureißen, gibt es nur kleine Baustellen an den Schächten — von dort werden die Schläuche eingeführt. Die Lebensdauer der so runderneuerten Kanäle soll immerhin bei 40 Jahren liegen. Noppen: „Das klappt aber nicht überall. Wichtig ist, dass der Kanal noch Kapazitätsreserven hat. Durch die neue Schicht verringert sich der Durchmesser um ein bis zwei Zentimeter.“
Auch auf diese Weise hofft der Stadtentwässerungsbetrieb das Kanalnetz dauerhaft in Schuss zu halten. „Das Ziel ist, dass wir die Kanäle in einem gleichbleibend guten Zustand halten. Wir wollen den nachfolgenden Generationen keinen Sanierungsstau hinterlassen.“
Rund 1600 Kilometer Abwasserkanäle gibt es in Düsseldorf. Die Lebensdauer liegt bei etwa 90 Jahren. Heißt: Im Durchschnitt müssen jährlich 18 Kilometer erneuert werden.
Die Anwohner reagieren laut Noppen in der Regel gelassen auf die Baustellen. Manchem geht es dabei aber nicht schnell genug: „Manche Menschen haben ein Anspruchsdenken, dass wir nicht befriedigen können.“
Info: Beschwerden nimmt der Betrieb unter Tel. 892-2722 entgegen.