Kreativ Die große Show der jungen Mode

Düsseldorf · Studenten der Akademie für Mode und Design zeigen ihr kreatives Können im Schauspielhaus.

 Die Models posierten im Schauspielhaus in den Kulissen des Stücks „Menschen im Hotel“. Der Modemacher hier: Max Tautorus.

Die Models posierten im Schauspielhaus in den Kulissen des Stücks „Menschen im Hotel“. Der Modemacher hier: Max Tautorus.

Foto: Christine Kubatta

Das passte: Die Personen, die an diesem Abend durch die Kulissen von „Menschen im Hotel“ liefen, hätten auch von Kostümbildnern gekleidet gewesen sein können. Ein ebenso hervorragender wie zurückhaltender Rahmen für die futuristischen Ideen der 22 jungen Designer des jüngsten Jahrgangs der Düsseldorfer Dependance der Akademie für Mode und Design. Vor vier Jahren war die Modeschule zuletzt hier. Christine Kubatta, Standortmanagerin der AMD: „Ich bin nach wie vor angetan von unserem Düsseldorfer Schauspielhaus. Die perfekte Location für unsere Show.“

Eine kreative Inszenierung statt klassischer Modenschau sollte „Exit“ sein. Kubatta zum diesjährigen Claim „!WORD UP!“: „Er ruft dazu auf, selbstbewusst Entscheidungen zu treffen und für diese einzustehen, Visionen zu haben und sie auch zu zeigen.“ Der Untertitel hätte lauten können: Neue Männer-Mode braucht das Land!? Wobei die Geschlechterzugehörigkeit bei den Entwürfen oft gar nicht auszumachen war.

Quadratisch, unpraktisch, trotzdem irgendwie gut: kastige Oberteile, mehrlagige Verhüllungen, manchmal monströs aufgepolstert. Ein hemmungsloses Spiel mit Proportionen, das die Figur weder betont, noch umspielt, sondern oft ganz und gar auflöst. Wenn überhaupt sexy, dann subtil. Nur wenige Durchblicke zeigen Haut, am unteren Rücken vielleicht, oder wenn das abgeschnittene Hosenbein um die Waden schlackert, gehalten von Hosenträgern bis in die Kniekehlen. Shabby Shape mit Augenzwinkern.

Im Kontrast dazu folkloristische Flower Power, leicht überladen mit  Anspielungen auf unterschiedliche Kulturen. Manchmal märchenhaft. Der kleine Prinz trifft Alice im La-La-Legoland. Dann wieder humorvoll mahnend:  Folien-Fashion schimmert wie aus dem Supermarkt-Waschmittel-Regal gegriffen. Meister Propper trägt Kunstpelz. In einem Video posieren Models vor einer MRT-Röntgenröhre. Cool.

Bis hier hin konnten die Absolventen ihrer Phantasie noch freien Fadenlauf lassen, verschwenderisch in Stoffen schwelgen, Farben sich beißen lassen. Der Drei-Minuten-Takt der Vorstellungen lässt kaum ahnen, welche Arbeit dahinter steckt. Der Aufwand für eine Modenschau wird oft unterschätzt. Unvorstellbar ohne Spenden von Stoffherstellern, auch aus zertifizierten Öko-Tex-Materialien. Doch ohne raffinierte Licht- und Sound-Regie kommt die Botschaft kaum rüber. Make-up und Haartracht wollen ebenso gekonnt sein wie das Outfit, können es auf- oder auch abwerten. Die Schuhe müssen passen, nicht nur am Fuß, die Accessoires sorgfältig ausgewählt sein.

Doch letztendlich ist es das Unperfekte und Unbekümmerte, die Mischung macht’s. Die Inspirationen hat der mehr oder weniger talentierte Nachwuchs augenscheinlich schon in den Genen, die Klassen der Mode-Akademie sind international bevölkert. „Roots of Anatolia“ heißt eine Kollektion, „Symbiosis“ eine andere. Da tanzen Derwische über die Bühne, blitzen Blicke hinter Perlenvorhängen. Der AMD Fashion Award 2019 geht an Shirin Araghi für ihre Kollektion „The 2050 Project“.

Entspanntes Lächeln ist erst zu sehen, wenn Applaus aufbraust. Verdient nach all den Mühen, nach denen jedoch noch nichts wirklich verdient ist. „Die Modebranche ist im Wandel, das wissen wir“, mahnt Christine Kubatta nicht nur zur Ernüchterung, sondern als Ansporn und Herausforderung. Am „Platz der Ideen“, wo die Akademie ihren Sitz hat, stichelt derweil schon der nächste Jahrgang für eine neue Mode — bis zum nächsten Exit.