Gastkommentar An Gaslaternen und Denkmalen hängen Geschichte und Geschichten
Düsseldorf · Düsseldorf sollte beim Thema Gaslaternen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und Historisches für das Moderne opfern, meint unser Gastautor.
Das Misstrauen war greifbar. Mit Buhrufen machten sich Protestler in Oberkassel bemerkbar. Sie fühlten sich nicht nur unverstanden, sondern sogar abgekanzelt. Das Thema „Gaslaternen“ war so heiß, dass sich Ordnungshüter bereithielten. Für alle Fälle.
Das ist ein Jahr her. Plötzlich ist aber alles anders. Für ihre – korrigierte – Positionsbeschreibung heimst die neue Beigeordnete Cornelia Zuschke heute sogar Beifall ein von jenen, die vor Jahresfrist noch die Zähne gefletscht haben. Dabei ist in der Sache noch gar nichts passiert. Es ist der Ton, der die Musik macht.
Auch ich bin heute optimistischer als vor einem Jahr. Plötzlich hat das Rathaus und die Verwaltung begriffen, dass es beim Thema Gaslaternen um weitaus mehr als um Lichtintensität und Kostenrechnungen geht. In den letzten Tagen ist eine Bürger-Pinnwand entstanden. Viele handbeschriebene Zettel zeugen von Liebe. So steht es da jedenfalls. Es geht um Identitäten, auch ums Wohlfühlen. Die Stadt lebt über die Laternen und ihr Licht ist ein Lebensgefühl. Bereits im Jahre 2009 erfolgte eine Petition zu Gunsten der Gaslaternen unter der Schirmherrschaft von Prof. Gabriele Henkel. 2015 erfolgte die größte Online-Petition in der Landeshauptstadt mit der Übergabe von 12 000 Stimmen für den Erhalt der Gaslaternen. Wir haben in Düsseldorf 65 000 Lichtpunkte davon 14 000 (vormals 17 000) Gaslaternen die wir, auch als Markenbotschafter, erhalten sollten.
Die Position der Jonges und vieler Initiativen war das immer schon. Doch selbst der Hinweis, dass man in Prag die Gaslaternen zunächst abgeräumt hat, um sie dann wiederzuholen, verfing im Rathaus nicht. Emotion gegen Kostenrechnung: Wo wäre da eine Lösung?
Wenn Misstrauen und Feindseligkeit plötzlich in Beifall umschlagen, ist etwas passiert. Blitzschnell hat Zuschke nicht nur die hohe Emotionalität des Themas erkannt: Sie hat auch Vorstellungen entwickelt. Ihre Leute sollen sich – salopp gesagt – in diesem Jahr die Füße wundlaufen, um in jeder Straße, in jedem Viertel und im letzten Winkel auszuloten, welche Bedeutung das Gaslicht dort hat und ob es vielleicht auch ersetzbar ist.
Das Ergebnis soll den Stadtpolitikern in einem Beschlusspapier vorgelegt werden. Allerdings erst im nächsten Jahr. Das Papier enthält den Vorschlag der Stadtverwaltung: Wie viele der noch 14 000 Laternen werden erhalten? Bislang hat sich der Stadtrat an einer unteren Grenze von 4000 herumgehangelt. Wir Jonges und Co. gehen vom Erhalt der Gaslaternen aus, sind aber kompromissbereit. Darauf setzt auch die Beigeordnete.
Wir sollten nicht die Fehler unserer Väter wiederholen und auf Teufel komm raus Historisches für das Moderne opfern.
Unsere einzigartigen Gaslaternen sind ein Fingerabdruck unserer Heimatstadt und wir wissen: Wer Gaslaternen und Denkmale verrotten lässt, löscht Geschichte und Geschichten aus, denn sie sind Zeugnisse unserer Stadt. Am Ende wird nicht jeder zufrieden sein, orakelt die Dezernentin. Wenn Positionen plausibel vorgetragen werden, sind Kompromisse immer möglich. Aber auch nur dann.