Aufstieg und Fall des Helge Achenbach
Der Kunstberater und Chefimpressario kaufte Kunst und Immobilien bis zum bitteren Ende.
Düsseldorf. Was hat der Kunstberater Helge Achenbach (62) alles angepackt. Ein Mann voller Ideen. Schnell wie ein Wiesel beim Geschäfte-Machen. Für 150 000 Mark kaufte er die Schau der Becher-Schule, um sie ein paar Wochen später an Christian Flick (Mic Flick) zu verhökern. Ein Prediger, wenn es darum ging, „Kunst als die beste denkbare Geldanlage“ zu preisen. Er machte mit allen Geschäfte, der Stadt und dem Geldadel, den Investoren, Sportlern und Künstlern. „Ich wollte Kunst leben, mit Freunden“, sagte er. Später gestand er: „Ich hatte immer viel Kunst und nicht so viel Cash.“
Der einzige Spross eines Bundesbeamten eröffnete als FH-Student 1973 seine erste Galerie im Zimmer über einer Buchhandlung. Die Miete zahlte er in Gestalt von zehn Prozent des Gewinns, zeigte Zero-Kunst und war erstaunt, wie gut die Chose lief. Ende 1974 wechselte er zur Orangeriestraße und leitete als diplomierter Sozialpädagoge die Junior-Galerie, wo er dem Architekten Horst Kimmerich begegnete. Das war die Chance seines Lebens. Kimmerich hatte die Idee des Art Consulting aus Amerika mitgebracht. 1977 zogen die beiden los. Sie suchten in der boomenden Bundesrepublik nach Baukränen, klopften bei den Architekten an und erklärten, zum Gesamtbild eines Neubaus gehöre die Kunst.
Achenbach wollte nicht nur Klinken putzen, er wollte hoch hinaus. Kimmerich, der solide Rechner, machte nicht mit. 1985 trennten sich die beiden. Und Achenbach legte los. Er gründete die „Art Edition“ auf der Speditionstraße im Hafen und tönte, er wolle sie zur Nummer Eins in Europa machen. Er kaufte ein Grundstück am Paul-Klee-Platz, um ein Galeriezentrum hochzuziehen, woraus nichts wurde.
1993 eröffnete er am Kaiserswerther Markt über den mittelalterlichen Fundamenten seine Art Consulting-Zentrale. Die Besucher staunten über all die Polkes, Richters, Immendorffs, Beuys’ und Baselitz’, die er ihnen präsentierte.
8,3 Millionen Mark war der Vertrag wert, den die Stadt mit ihm und seinen privaten Geldgebern im Hafen abschloss. Es ging um das Areal Cretschmar an der Kaistraße. Ein sechsstöckiges „Haus Immendorff“ sollte es sein, mit „Café und Cabaret“ und einem Privatclub. Das Haus wurde gebaut, nur: Immendorff richtete nie dort sein Atelier ein.
Achenbach logierte nebenan auf 1500 Quadratmetern mit seiner Architektur-Beratungsfirma und seinem Verlag. Er genoss den Blick über den Hafen. Seit 1983 gehörten Banken und Unternehmen zu seinen Kunden. Sein Vorzeige-Objekt wurde die Eingangshalle der Victoria. Dort hatte er für 290 000 Mark meterhohe Richterbilder anbringen lassen, die heute 20 Millionen Euro wert sind.
Er machte nun alles. So kaufte er den Bunker Pariser Straße für sein Kunstlager. Als er auf das Dach zwei Etagen setzen wollte, scheiterte er erstmals, weil die Banken ihm kein Geld gaben.
Er kippte tonnenweise Sand am Hafen für Monkey’s Island an. Das Bier floss. Hippies und die Yuppies feierten. Nur leider musste er den Sand auch wieder abtransportieren, was teuer war. Und das Schiff, das er daraufhin bei der Art Cologne vor Anker gehen ließ, verschlang Unsummen. Noch schlimmer wurde es, als er im Gap am Graf-Adolf-Platz Halt machte. Geldadel und Künstler fanden sich zur Eröffnung ein, darunter SPD-Bürgermeisterin Gudrun Hock, die CDU-Politiker Friedrich Conzen und Wolfgang Schulhoff.
Achenbach drehte mitsamt seinem Charme durch. Er habe einen „Jagdtrieb“ auf Kunst, sagte er. Er brauchte Banken, um den Ankauf von Sammlungen zu finanzieren. Der Galerist Hans Mayer erklärt, Helge konnte von der Kunst wie vom Blitz getroffen sein. So spazierte er an seiner Galerie am Grabbeplatz vorbei, fragte nach dem Preis für Uecker und kaufte sofort. „Blitz - zack“, sagte Mayer.
Er gab Aktien heraus mit „Genussscheinen“, die ihm der befreundete Künstler Jörg Immendorff gestaltete — neben den kleineren und den größeren Affen. Prompt tönte er von der ersten Kapitalerhöhung.
1997 bis 2001 war er Fortuna-Präsident. Er liebte den Job, aber er verstand nichts davon. Er hätte den Fußballverein nach Meinung von Fachleuten vor die Wand gefahren, wäre nicht eine berühmte Anwaltskanzlei eingeschritten und hätte seine Verträge annulliert.
Noch einen Tag vor seiner Festnahme spielte Helge den Chefimpressario der Glamourparty und lud die High Society ins Campo Bahia der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Im überhitzten Kunstbetrieb war er zu dieser Zeit längst mitsamt seinen Schulden baden gegangen.